Wim Wenders
„Städte sind die Bühne, die unser Leben bestimmt.“
Zur Person
Wilhelm Ernst Wenders wurde am 14.08.1945 in Düsseldorf als Sohn eines Chirurgen geboren. Zunächst wollte er Priester werden, stattdessen studierte er nach der Schule zunächst Medizin, dann Philosophie und danach Soziologie, brach alle Studien aber zugunsten der Aquarellmalerei ab und verbrachte eine Weile in Paris, wo er bis zu fünf Filme täglich in der Cinémathèque francaise guckte. Ab 1967 studierte er an der Hochschule für Fernsehen und Film in München und arbeitete als Filmkritiker. 1971 gründete er mit anderen Filmemachern den 'Filmverlag der Autoren', nach ersten Romanadaptionen gelang ihm 1973 mit „Alice in den Städten“ der künstlerische Durchbruch als Regisseur. Mit der Patricia Highsmith-Verfilmung „Der amerikanische Freund“ wurde er 1976 auch in den USA bekannt. Seither wächst Wenders' internationale Popularität stetig, auch dank eines breit gefächerten Repertoires zwischen Spielfilm, Roman-Adaptionen und eindringlichen Dokumentationen. Für seine Arbeit erhielt er zahllose Ehrungen und Preise, u.a. je eine Goldene Palme von Cannes für „Paris Texas“, „Der Himmel über Berlin“, „In weiter Ferne, so nah!“ sowie unlängst einen Spezialpreis der Jury für seinen aktuellen Film „Das Salz der Erde“. Zwei Mal war er für einen Oscar in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ nominiert: 2000 für „Buena Vista Social Club“, 2012 für seine erste 3D-Arbeit „Pina“. Wenders ist in dritter Ehe mit der Fotografin Donata Wenders verheiratet und lebt u.a. in Hamburg, wo er Dozent an der Hochschule für bildende Künste ist.
Berlin, 28.07.2005, Hotel Savoy. Wim Wenders trägt Anzug, eine eckige Brille und wirre Haare. Konzentriert und freundlich beantwortet er jede Frage; zwischendurch hilft der Regisseur mit seinem technischen Know-How, als im Aufnahmegerät eine Batterie explodiert.
Herr Wenders, Sie sind nicht nur Filmemacher, sondern auch Fotograf. Bereits mit fünf Jahren sollen Sie Ihre ersten Bilder gemacht haben. Was war darauf zu sehen?
Wim Wenders: Ich habe noch den Kontaktbogen mit meinen ersten Fotos, die ich in Münster in Westfalen im Zoo geschossen habe. Dort habe ich alle Tiere aufgenommen, das war meine erste fotografische Tat.
Woher kam die Faszination für Fotografie?
Mein Vater hat viel fotografiert, er hatte eine Leica, die er durch den Krieg gerettet hat. Er hat schöne Landschaftsaufnahmen gemacht und sie auch selbst abgezogen. Das war mal seine Leidenschaft, die er später aber komplett hat fallen lassen müssen. Als Arzt hatte er keine Zeit mehr dafür. Ich habe die Leica dann nur noch als heiliges Requisit herumstehen sehen, bis mein Vater sie mir geschenkt hat, als ich 16 war. Fotografie war nicht nur in unserer Familie eine wichtige Sache: In der gesamten Bundesrepublik wurde zu dieser Zeit viel fotografiert. Die Leute hatten Freude daran, den Wiederaufbau abzubilden. Das war die erste Generation, die komplett fotografisch dokumentiert wurde. Mittlerweile gibt es ja eine unglaubliche Dokumentationssucht, da wird jedes Baby alle fünf Minuten digital verewigt. Aber damals waren die Leute einfach stolz auf ihre neuen Errungenschaften. Bei uns zu Hause wurde schon bald mit einer Acht-Millimeter-Kamera gedreht, die mein Vater gekauft hatte. Er hat sich die Kamera von mir erklären lassen, und ich habe sie mir dann sehr schnell angeeignet und wurde zum Familienkameramann.