Volkert Ruhe
„Ohne Knast wäre ich wohl als Leiche im Graben gelandet.“
Zur Person
Volkert Ruhe kam 1955 im Harz zur Welt und erlebte eine schwierige Kindheit durch seinen alkoholkranken Vater. Als Teenager flog er zu Hause raus und war zwei Jahre obdachlos. Es folgten erste Straftaten, bis er sich für sieben Jahre einer Drücker-Kolonne anschloss. Seine Versuche, ein bürgerliches Leben zu führen, scheiterten; auf einer Reise nach Kolumbien kam er in Kontakt mit dem Cali-Kartell, für das er in der Folge Drogenlieferungen organisierte. 1995 wurde er in Panama verhaftet und in Hamburg zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt. Dort fand er seine neue Lebensaufgabe: Mit zwei weiteren Häftlingen gründete er das Projekt „Gefangene helfen Jugendlichen“, mit dem Ruhe nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis zum gefeierten Sozialunternehmer aufstieg. Ruhe lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Hamburg.
04.01.2017, Hamburg. Das neue Jahr ist noch jung, aber Volkert Ruhe arbeitet schon wieder. Der Mann mit einer wilden Vergangenheit – erst Einbrecher, danach sieben Jahre Drückerkolonne, später Organisator von Drogenlieferungen für das kolumbianische Cali-Kartell – gründete während seiner Inhaftierung im berüchtigten Hamburger Gefängnis Santa Fu die Initiative „Gefangene helfen Jugendlichen“. Seit 15 Jahren erzählt er kriminell gewordenen Kindern und jungen Menschen seine Geschichte und betreut diese auf ihrem Weg aus einem Kreislauf aus schwierigen Familienverhältnissen, Drogenkonsum und Straftaten heraus. Ein Gespräch mit einem Menschen, der durch seine Lebensumstände vom Schicksals-Gangster zu einem Sozialarbeiter wurde, den Angela Merkel für seine Arbeit auszeichnete.
Herr Ruhe, was für eine Sorte Krimineller waren Sie? Ein echter Ganove oder eine Art Robin Hood?
Weder noch. Ich habe mich nie als Robin Hood gesehen, der den reichen Leuten etwas wegnimmt und es an die Armen verteilt. Ein echter Betrüger bin ich aber auch nie gewesen.
Sondern?
Ein zufalls- oder entwicklungsbedingter Schicksalskrimineller, der schon während seiner Jugend durch schwierige Situationen ins kriminelle Milieu abgedriftet ist. Anfangs war es für mich eine reine Überlebensstrategie, kriminell zu werden. Es ging wirklich nur darum, satt zu werden.