Udo Kier
„Man muss ein Engel sein, um den Teufel zu spielen“
Zur Person
Udo Kier wurde am 14.10.1944 in Köln geboren und wuchs ohne Vater im Stadtteil Mülheim auf. Nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann ging er im Alter von 19 nach London, wo er für den Kurzfilm „The Road To St. Tropez“ entdeckt wurde. In den 70ern kam Kiers Karriere durch Hauptrollen in zwei Warhol-Produktionen in Schwung. Obwohl er nie Schauspielunterricht genommen hatte, avancierte er in den 80ern zum Liebling der europäischen (Kunst)Film-Avantgarde; 1991 ging Kier für Gus Van Sants „My Private Idaho“ in die USA, wo er mittlerweile sesshaft geworden ist. Wenn er nicht gerade dreht, lebt der Exzentriker zusammen mit drei Hunden in Silver Lake, Los Angeles.
30.09.2004, auf der Terrasse des Hotels Splendid in München. Udo Kier kommt von Synchronarbeiten – ein anstrengender Job, bei dem ihm der letzte Rest rheinischen Dialekts ausgetrieben wurde. Zum Auftakt des Gesprächs holt er zwei Dinge aus seiner Brieftasche: Ein Foto mit Arnold Schwarzenegger und seinen Ausweis der ‚Screen Actors Guild’.
Herr Kier, betrachtet man die Menge Ihrer Filmauftritte – mittlerweile rund 150 – kommt man zu dem Schluss, dass sie ein Workaholic sein müssen.
Udo Kier: Es mag so aussehen, aber Tatsache ist, dass ich bei vielen Filmen nur drei Tage Drehzeit habe. Solche Filme mache ich, wenn ich mir etwas Neues anschaffen will. Das sind dann Kamin- oder Swimmingpool-Rollen.
Sind Sie ein Swimmingpool-Typ? Cocktails, Frauen, Füße im Wasser – sieht so Ihre Freizeit aus?
Meine Freizeit verbringe ich hauptsächlich in meinem aktuellen Therapiecenter, wie ich es nenne: Ich habe in Palm Springs eine ehemalige Bibliothek erworben und bin gerade dabei, sie einzurichten. Ich mache alles selbst: ich baue um, streiche Wände. Außerdem pflanze ich im Garten Bäume, denn Pflanzen sind ein wunderbares Zeitbarometer. Ich koche gern Pasta, ich besuche Auktionen für Möbel und Kunst. Hauptsächlich sammle ich Stühle und Lampen. Ein Psychiater würde wahrscheinlich sagen: Ich will im Licht sitzen. (lacht) Ich bin inzwischen ein ausgezeichneter Anstreicher. Vor kurzem war ich für fünf Wochen in Schweden, um dort mit Lars von Trier zu drehen. Als ich ankam, haben alle über meine Hand gewitzelt, die dick war wie bei Popeye, weil ich wochenlang an einer 150 Meter langen Mauer mit Zementsteinen gearbeitet hatte. Aber das ist besser, als aufs Telefon zu starren und zu warten, bis mir jemand eine Rolle anbietet. Ich bin ein Vogel, der sein Nest baut.