
Tomi Ungerer
„In meiner Welt gibt es keine Sündenböcke.“
Zur Person
Jean-Thomas Ungerer wurde am 28.11.1931 in Straßburg geboren. Sein Vater starb, als Tomi drei Jahre alt war. Ungerer leistete seinen Militärdienst beim französischen Kamelcorps, danach begann er eine Ausbildung an der Ecole Municipale des Arts Dècoratifs in Straßburg, wo er nach einigen Monaten höflichst gebeten wurde, doch wieder zu gehen. 1956 reiste er nach Amerika, suchte nach der vollkommenen Linie für seine Zeichnungen und entwarf Werbeplakate für Pepsi und gegen den Vietnamkrieg. Seine Cartoons brachten ihn auf die schwarze Liste des FBI. Den zahlreichen Werken Ungerers ist seit 2007 das Musée Tomi Ungerer in Straßburg gewidmet. Anfang der 70er Jahre ließ er sich mit seiner Frau Yvonne auf einer Farm im kanadischen Neuschottland nieder, mittlerweile lebt das Paar abwechselnd in Irland und Straßburg.
11.08.2006, West Cork, Irland. Das Gras ist so grün, wie es nur in Irland sein kann. Das Meer pulsiert kornblumenblau. Die Hofhunde Elvis und Onyx wedeln freudig mit ihren Schwänzen. „Willkommen am Arsch der Welt“, sagt Tomi Ungerer und bittet in sein Studio.
Herr Ungerer, wenn man den Leuten im Dorf Glauben schenkt, leben Sie in einer magischen Landschaft, in der seltsame Wesen aus der irischen ‚Anderswelt’ hausen, für die es selbst im Gälischen keine Worte gibt.
Tomi Ungerer: Das stimmt. Es war nicht einfach, sich mit ihnen zu arrangieren. Inzwischen fressen sie uns fast aus der Hand, aber erst gestern bei einem Spaziergang haben sie wieder zugeschlagen. (lacht)
Das müssen Sie konkreter erklären.
Ich hatte meine Post geholt, stand mitten auf der Weide und blickte auf den Ozean. Plötzlich fand ich mich auf dem Rücken wieder. Es ist ein Gefühl, als ob einem jemand den Teppich unter den Füßen wegzieht. Aber das ist nichts im Vergleich zu meinen alltäglichen Unfällen. Letzte Woche bin ich zweimal innerhalb von 24 Stunden die Treppe runtergefallen. Als ich einmal dem damaligen Bundeskanzler Schröder in Straßburg traf, knallte ich mit dem Kopf gegen eine Glastür. Ich bin erst wieder aus der Ohnmacht erwacht, als die Bodyguards mit Eis aus dem Champagnerkübel anrückten.