
Tom Schilling
„Die Grenzen zwischen Neid und Bewunderung sind fließend.“
Zur Person
Tom Schilling (geboren am 10. Februar 1982 in Ost-Berlin) wuchs in Mitte auf und besuchte dort das Gymnasium. Seine erste Rolle spielte er mit sechs Jahren im DDR-Film „Stunde der Wahrheit“, danach machte er als Schüler Theater und schaffte noch vor dem Abi mit dem Film „Crazy“ den Durchbruch als Schauspieler. Als einer seiner besten Filme gilt „Oh Boy“, in dem er 2013 einen durch Berlin irrenden jungen Mann spielt und für den er den Deutschen Filmpreis erhielt. Neben der Schauspielerei ist er auch als Singer/Songwriter mit seiner Band Die Andere Seite aktiv. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin, aus einer früheren Beziehung hat Schilling ein weiteres Kind.
10. März 2022, Berlin. Tom Schilling ist jemand, der sich Zeit nimmt für den nachdenklichen und ruhigen Blick auf die Welt. Auch beim Interview. Eigentlich müsste man vor beinahe jede Antwort die Anmerkung „(überlegt)“ setzen, auch das sinnierende Seufzen des Schauspielers und Musikers lässt sich nur schwer in Worte fassen. Einen Rest Undurchschaubarkeit bewahrt sich Tom Schilling an diesem Nachmittag, und doch hat man als Interviewer nicht das Gefühl, hinters Licht geführt zu werden. Man glaubt ihm, dass er auf dem Weg zum Interview in der Eile mindestens drei rote Ampeln überfahren habe. Und man glaubt ihm auch, wenn er davon erzählt, als Jugendlicher über die Dächer Berlins gesprungen zu sein – und dabei erstmals die Vergänglichkeit des Lebens gespürt zu haben.
Aber sparsam sind Sie schon?
Ja, das stimmt schon, man weiß ja nie, wie das Leben weitergeht. Okay, es hat zwar eine Weile gedauert, aber mittlerweile habe ich schon begriffen, dass es immer wieder Interesse gibt, mit mir als Schauspieler zu arbeiten. Und selbst wenn es mal ein paar Wochen oder Monate lang keine interessanten Angebote gibt, darf ich davon ausgehen, dass wieder was Tolles kommen wird. Doch es bleibt für mich dennoch wichtig, eine längere Durststrecke überbrücken zu können, dann nicht mit dem Rücken zur Wand zu stehen, drehen zu müssen, Kompromisse eingehen zu müssen. Bei Kompromiss-Filmen bin ich als Schauspieler nämlich eher schlecht, und sie beschädigen mich auch. Je qualitativ hochwertiger die Arbeiten sind, desto besser bin ich – desto besser bleibe ich gut im Geschäft.
Es beschädigt Sie als Marke oder auch persönlich?
Beides. Ich lese wahnsinnig viele schlechte Drehbücher und wenn ich mir vorstelle, dass ich dort mitspiele, wird mir angst und bange.