
Tim Spector
“Wer auf Fake Food verzichtet, fühlt sich besser.“
Zur Person
Timothy David Spector wurde 1958 in Nord-London geboren. Seine Mutter war eine australische Physiotherapeutin und Wettkampfschwimmerin, der Vater Pathologe. Spector studierte an der Medizinischen Fakultät des Krankenhauses von St. Bartholomew und wandte sich 1992 der genetischen Epidemiologie zu. Über umfangreiche Zwillingsstudien, die er mit seinem Team am Londoner King’s College unternahm, stieß er auf das Thema Ernährung und die Rolle der Darmflora für Gesundheit und Krankheit. Sein erstes Buch „Mythos Diät – was wir wirklich über gesunde Ernährung wissen“ erschien 2015, in Deutschland 2022. Seitdem hat er als Wissenschaftsautor zahlreiche weitere Ernährungsratgeber veröffentlicht, zuletzt „Nahrung fürs Leben“ (auf Deutsch in 2023 erschienen). Spector ist der Gründer des Unternehmens ZOE, das in Großbritannien und den USA personalisierte Ernährungsprogramme anbietet.
30. Januar 2025, Berlin/London. Prof. Dr. Tim Spector schaltet sich aus seinem aufgeräumten Büro zum Gespräch dazu. Der Mediziner, Ernährungsexperte und Buchautor möchte gern ohne Smalltalk loslegen. Er hat nicht viel Zeit, aber umso mehr Botschaften unter das Volk zu bringen, die ihm rund um das Thema Ernährung am Herzen liegen. Spector spricht nüchtern und sachlich, hin und wieder lässt er auch den echten Briten durchblitzen – immer dann, wenn er kleine Spitzen gegen die Deutschen anbringen kann. Mit unseren Essgewohnheiten bieten wir ihm allerdings auch genügend Vorlagen dafür.
Mr. Spector, für manche Menschen ist Essen Lifestyle, für andere schlicht Notwendigkeit – und für Sie?
Beides. Essen spielt kulturell und sozial eine große Rolle, es bringt Freunde zusammen, oft funktionieren die besten Beziehungen über das Essen. Gleichzeitig bietet Ernährung jeden Tag die Chance, wichtige Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen. Leider gibt es in der breiten Öffentlichkeit noch zu wenig Bewusstsein dafür, wie relevant diese Entscheidungen tatsächlich sind. Kleine, subtile Veränderungen im alltäglichen Essverhalten können riesige Auswirkungen haben. Das versuche ich mit meiner Arbeit aufzuzeigen.
Was ist das größte Missverständnis, wenn es um Ernährung geht?
Ganz weit oben steht auf jeden Fall die verbreitete Obsession des Kalorienzählens.