
Skin
„Ich bin das Fundament eines modernen Englands.“
Zur Person
Skin, mit bürgerlichem Namen Deborah Anne Dyer, ist am 3. August 1967 als Tochter jamaikanischer Einwanderer in London geboren. Bevor sie 1994 gemeinsam mit Martin Ivor Kent und Richard Keith Lewis die Band Skunk Anansie gründete, studierte sie Innenarchitektur und Design. Mit ihren politischen Texten fand die Alternative-Band um Skin als energiegeladene Frontfrau auch im Mainstream Anklang und verkaufte im Laufe ihrer Karriere über fünf Millionen Alben. Nach der Auflösung im Jahre 2001 startete Skin eine Solo-Karriere und veröffentlichte zwei Alben, bevor sich Skunk Anansie 2009 wieder vereinten. Darüber hinaus ist sie beispielsweise als DJane tätig und nahm an verschiedenen TV-Formaten teil. Gemeinsam mit ihrer Partnerin Rayne Baron und ihrer dreijährigen Tochter lebt sie in London und New York.
14. März 2025, Warschau. Skunk-Anansie-Frontfrau Skin ist derzeit mit ihrer Band auf größtenteils ausverkaufter Europa-Tournee. Während des Zoom-Gesprächs sitzt sie vor einer schlichten weiß gefliesten Wand, trägt einen schwarzen Kapuzenpulli und eine große rechteckige Brille mit dickem schwarzem Rand. Simpel und doch ein Statement. Ihr Schädel ist weitestgehend kahl rasiert, anders kennt man die Britin mit jamaikanischen Wurzeln eigentlich gar nicht. Was für sie heute nur noch ein „Hairstyle“ ist, spielte vor drei Jahrzehnten eine zentrale Rolle bei ihrer Identitätsfindung als Angehörige der ersten Generation von People-of-Color-Briten. Die Energie, die Skin auf der Bühne versprüht, ist auch im Gespräch spürbar. Oft sprudelt sie förmlich über und schlägt mit ihren Gedankengängen Brücken, die man so nicht kommen sieht. Doch ein roter Faden zieht sich konsequent durch die 45 Minuten Gesprächszeit: Skin ist es herrlich egal, was andere von ihr denken.
Skin, Sie sind in Brixton aufgewachsen, der neuen Heimat vieler Familien, die aus Jamaika nach England gekommen waren. Wie kann man sich das Viertel im Süden Londons vorstellen?
Als ich in den Siebzigerjahren dort aufwuchs, war Brixton ein sehr diverser und von kreativen Menschen geprägter Stadtteil. In den Achtzigerjahren unter Margaret Thatcher sah es dort dann etwas anders aus. Ich würde es nicht als Slum bezeichnen, denn dafür waren die Häuser zu schön. Aber Thatcher hat sich nicht für Stadtteile wie Brixton interessiert. Ganz einfach deshalb, weil man sie dort nicht gewählt hatte. Das Viertel wurde vernachlässigt, es gab Schikanen durch die Polizei, was in den Brixton Riots gipfelte – Aufständen, an die ich mich gut erinnern kann. Danach erholte sich der Stadtteil wieder. Brixton Market ist bis heute ein weltberühmter Markt, und das Viertel ist nach wie vor eklektisch und ein bedeutsamer Ort für Kunst aller Art.
Brixton Riots
Weil sich die Politik der Thatcher-Regierung kaum noch um den Londoner Stadtteil Brixton kümmerte, brodelte es im Süden der Metropole. Punk-Songs wie „Guns Of Brixton“ von The Clash oder „Babylon’s Burning“ von The Ruts waren Vorboten eines Aufstandes. Dieser setzte im April 1981 ein, als das Gerücht die Runde macht, die Polizei habe einen Jugendlichen jamaikanischer Abstammung auf der Straße verbluten lassen. Das Königreich erlebte auch in anderen Teilen einen unruhigen Sommer. Der Song „Ghost Town“ von den Specials markiert den gespenstischen Soundtrack für diese Zeit.