Siri Hustvedt

Siri Hustvedt

„Ich würde meinem jüngeren Ich sagen: Gib nicht klein bei!“

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11. April 2019, Berlin. Mit wachem Blick tritt die Schriftstellerin Siri Hustvedt in die Lobby des Regent Hotels. Die schwarz gekleidete Amerikanerin macht es sich auf dem Sofa bequem und legt sofort los – auch wenn sie gerade gesundheitlich ein bisschen angeschlagen ist. Im Gespräch über Zeitreisen, künstliche Intelligenz und Schamhaare auf Buchcovern zeigt sich schnell: Hustvedt ist eine schlagfertige Denkerin, die gerne herzlich lacht. Auch darüber, dass es sie schon lange vor der iPhone-Stimme Siri gab.

In Ihrem Essay „Warum diese Geschichte und nicht eine andere?“ schreiben Sie darüber, aus welchen Bildern oder Sätzen Ihre Romane entstanden. Im Fall von „Die Leiden eines Amerikaners“ etwa war es die Vorstellung von einem Mädchen, das sich in seinem Sarg aufsetzt. Was stand am Anfang Ihres neuen Romans „Damals“?

Es war seltsam. Ich arbeitete gerade an einem Buch, das nicht großartig anders war und in dem ich versuchte, über Zeit und Erinnerung zu schreiben. Dieses Buch misslang jedoch. Ich habe es weggeschmissen. Doch schon als ich noch überlegte, wie ich es vielleicht retten könnte, hatte ich diese Vorstellung von jemandem, der durch eine Wand spricht. Jemandem, der einer anderen Person durch die Wand zuhört. Oft stand am Anfang ein Bild, dieses Mal bildete ein Geräusch den Kern, aus dem sich dann der Roman entwickelte.

Der Originaltitel dieses Romans lautet „Memories of the Future“, also „Erinnerungen an die Zukunft“. Wenn Sie auf Ihr eigenes Leben zurückblicken, welche spätere Entwicklung oder Wendung hätte die junge Siri Hustvedt am meisten überrascht?

Eines möchte ich zunächst klarstellen: Im Roman spiele ich mit meiner Autobiografie, aber ich erkläre mich nicht selbst. Wir sprechen also nun über mich. Als ich so alt war wie die junge S.H. im Roman, studierte ich Literatur an der Columbia University und promovierte. Wenn mir in dieser Zeit jemand erzählt hätte, dass ich mich einmal sehr für Neurowissenschaft interessieren und interdisziplinäre Beiträge über Wissenschaft, Philosophie und Literatur schreiben würde, hätte ich gesagt: Wow! Das Leben ist interessant und nimmt Wendungen, die man nicht unbedingt erwartet hätte.

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