Siggi Loch

Siggi Loch

„Musik erreicht uns so direkt wie keine andere Kunst.“

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  • Steven Haberland
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Zur Person

23. Juli 2020, Berlin. Zur S-Bahn-Station Grunewald braucht der Zug vom Hauptbahnhof nur 15 Minuten, und doch ist das Viertel eine andere Welt. Kaum Autos sind unterwegs, Vögel zwitschern, parkartige Vorgärten breiten sich vor Villen im englischen Landhausstil aus. Das Haus von Siggi Loch ist unauffälliger, aber nicht weniger elegant, am schmiedeeisernen Tor deuten nur die Initialen „S.L.“ auf den Hausherren hin. Die Corona-Krise hat die Arbeit des Musik-Managers kaum verändert: „Ich bin seit fünf Jahren im Homeoffice – das fällt hier nicht schwer.“ Zwischen zimmerhohen Regalen mit Kunst-Bänden reden wir zwei Stunden lang über das sich wandelnde Musikbusiness und den Jazz, über Ideal, Westernhagen und „Ein Bett im Kornfeld“.

Herr Loch, Sie sind Jahrgang 1940. In Ihrer Biografie beschreiben Sie die harte Zeit nach dem Krieg, als Ihre Familie vor der Sowjetarmee flüchten musste. Hat Musik für Sie da schon eine Rolle gespielt?

Mein erstes musikalisches Erlebnis war kurz nach Kriegsende, wir landeten in einem ausgebombten Haus in Halle. Die Vorderseite des Hauses existierte nicht mehr, man musste bei manchen Türen aufpassen, dass man nicht auf die Straße fiel. Eines Tages wurde ein russischer General im offenen Sarg durch die Straßen getragen. Dazu spielte eine Militärkapelle tieftraurige Musik – einen Klang, den ich bis heute zutiefst verinnerlicht habe. Bis heute berührt mich vor allem Melancholisches, als ich jung war Sidney Bechet, viel später Esbjörn Svensson. So etwas spricht die Harfensaiten in meinem Herzen an.

Damals kam man nicht leicht an Musik. Als Jugendlicher konnten Sie sich nicht einmal das Eintrittsgeld für Konzerte leisten.

Das Wort „Taschengeld“ kannte ich nicht. Um den Saxophonisten Sidney Bechet zu sehen, musste ich durchs Kellerfenster in den Konzertsaal einsteigen. Für meine erste Platte musste ich irgendwie 7,50 D-Mark beschaffen!

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