Saba-Nur Cheema & Meron Mendel
„Vorurteilsfrei wird niemand.“
Zur Person
Saba-Nur Cheema, geboren 1987, wuchs in Frankfurt am Main als Kind pakistanischer Flüchtlinge auf. An der dortigen Goethe-Universität studierte sie Politikwissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaftslehre. 2014 wurde sie Referentin an der Bildungsstätte Anne Frank, von 2015 bis 2021 war sie Leiterin der Pädagogischen Programme. Sie ist Antirassismus-Trainerin und berät unter anderem die Bundesregierung zu Fragen der Islamfeindlichkeit.
Meron Mendel (*1976) wuchs in einem Kibbuz auf, leistete seinen Wehrdienst in der israelischen Armee und studierte in Haifa und München Pädagogik und Jüdische Geschichte. Er promovierte in Frankfurt mit einer Arbeit zu jüdischen Jugendlichen in Deutschland und ist heute Professor für Soziale Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences sowie seit 2010 Leiter der Bildungsstätte Anne Frank.
30. September 2024, Berlin. Die Politologin Saba-Nur Cheema und der Professor für transnationale Soziale Arbeit Meron Mendel machen nicht nur zusammen Bildungsarbeit und Anti-Rassismus-Trainings, sie sind auch ein Paar und schreiben gemeinsam die Kolumne „Muslimisch-jüdisches Abendbrot“. Das Gespräch mit den beiden findet in einem Berliner Hotelzimmer statt, in Anwesenheit ihrer beiden noch sehr jungen Kinder. Während also beispielsweise über den Nahostkonflikt geredet wird, läuft im Hintergrund „Paw Patrol“ und es wird nach Milch verlangt. Womit Cheema und Mendel – wie mit vielen anderen Aspekten des Lebens – bewundernswert humorvoll und entspannt umgehen.
Saba-Nur Cheema, Meron Mendel, es gibt aktuell genügend Anlass, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Was macht Ihnen gegenwärtig Hoffnung?
Mendel: Wir sind optimistischer, als Sie vielleicht annehmen. Immerhin haben wir zwei Kinder in die Welt gesetzt. Wodurch kann man mehr Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft ausdrücken? Und nicht erst seit dem 7. Oktober 2023, aber seitdem verstärkt führen Saba und ich tolle, auch kontroverse Gespräche überall in Deutschland. Wir gehen in Moscheegemeinden ebenso wie in linke Zentren und kommen mit ganz unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Unsere Erfahrung ist: Wenn man die Leute aus den Blasen von TikTok und Instagram in die reale Welt holt, lassen sie sich auf einen echten Austausch ein.
Cheema: Wir spüren auch viel Dankbarkeit. Wenn es um den Nahostkonflikt oder andere stark polarisierende Themen geht, haben die Leute oft das Gefühl, sie müssten sich für eine Seite entscheiden. Wir versuchen ihnen zu vermitteln, dass es nicht nur Schwarz oder Weiß gibt, sondern auch Grauzonen. Es ist möglich, Empathie für die eine Seite zu zeigen, ohne die Solidarität mit dem anderen Kollektiv aufzugeben.