
Rocko Schamoni
„Ich habe Angst vor dem Dorf.“
Zur Person
Rocko Schamoni wurde am 08.05.1966 als Tobias Albrecht im holsteinischen Lütjenburg geboren. Dem Punk-infizierten Entertainment-Allrounder war schon bald keine Kunstform mehr fremd: Schamoni sang Platten ein, drehte Filme, schrieb Theaterstücke und veröffentlichte Bücher – meist mit der Hingabe eines Amateurs und der Hartnäckigkeit eines Profis. Mit Hamburg als seinem neuen Hauptquartier entwickelte sich der Künstler zum Underground-Promi und Lokalmatador. Als Teil des Komik-Trios „Studio Braun“ etablierte er ab 1998 medienkritischen Humor abseits der Comedy-Formate, als Autor konnte er 2004 mit „Dorfpunks“ einen Überraschungserfolg feiern, und als Hamburger Spitzenkandidat für Die PARTEI machte er zwischendurch noch kurz politische Karriere. Seit 1995 betreibt Schamoni zusammen mit Schorsch Kamerun den Golden Pudel Club in Altona, der nach wie vor als eine Art Wohnzimmer für die Szene fungiert. Zu Schamonis jüngeren Projekten zählen die Mockumentary „Fraktus“ (mit Studio Braun), das Theaterstück „Rust – Ein deutscher Messias“ und der Roman „Fünf Löcher im Himmel“. Rocko Schamoni lebt mit seiner Frau und einer Tochter in Hamburg.
18.01.2007, Hamburg. Im industriellen Altbau mit Musikschlafzimmer und studentisch wirkender Küche kocht Rocko Schamoni Kaffee in einer alten Espressokanne. „Die Dinger explodieren gerne auf der Herdplatte“, sagt er. „Davon wurden schon 2.000 italienische Hausfrauen in den Tod gerissen.“
Herr Schamoni, Sie sind unter anderem durch Ihren autobiografischen Roman „Dorfpunks“ bekannt. Heute pflegen Sie aber längst eine anspruchsvollere Art der Widerborstigkeit. War das Dorfpunk-Dasein die Grundlage dafür?
Rocko Schamoni: Es hat mir überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, Borsten zu bilden. Allerdings bin in auch einer Zeit aufgewachsen, in der das unter jungen Leuten zum guten Ton gehörte. Es war die frühe Schule der Widersprüchlichkeit, ein Trainingscamp dafür, sich von dem, was man damals intuitiv abgelehnt hat, unterscheiden zu lernen. Wir wussten mit 16 ja noch nicht genau, was an dieser Gesellschaft abzulehnen ist. Wir haben es eher gespürt und versucht, uns von der Elterngeneration abzusetzen. Es war aber kein reines Aburteilen der Welt um uns herum. In unserem kleinen Kreis in Lütjenburg, wo auch Daniel Richter oder Schorsch Kamerun herkommen, war die eigene Position von Anfang an in Frage zu stellen.