Reinhold Beckmann

Reinhold Beckmann

„Die Toten sitzen mit am Tisch.“

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  • Steven Haberland
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Zur Person

03. Februar 2021, Hamburg. Reinhold Beckmann geht einmal quer durch den Raum und kommt mit einem sehr alten Schuhkarton von Adidas zurück. „Feldpost“ hat seine Mutter vor vielen Jahren drauf geschrieben. Beckmann öffnet ihn und zieht einen der vergilbten Briefe heraus. Er ist von 1941. „Liebe Aenne“, so hieß Beckmanns Mutter, „heute will ich Dir Deinen lieben Brief, welchen ich schon vor einiger Zeit erhalten habe, kurz beantworten und Dir herzlichen Dank sagen …“ Von wem der vier im Krieg gefallenen Brüder seiner Mutter die Zeilen stammen, Reinhold Beckmann weiß es nicht. Doch er weiß, wie sehr diese Schicksalsschläge seine Familie geprägt haben. Mit dem Lied „Vier Brüder“ hat der Moderator, Musiker und Filmemacher den Verlust thematisiert. Es ist das zu Tränen rührende Mahnmal seines neuen Albums „Haltbar bis Ende“, auf dem jedoch auch die Leichtigkeit ihren Platz hat.

Reinhold Beckmann, die Musikgeschichte hat viele Lieder mit Frauennamen als Titel hervorgebracht: Angie, Mandy, Layla, Julia, Michaela … Sie steuern auf Ihrem Album weitere dazu: Dörte und Evelyn. Sind das Konstrukte oder autobiografische Rückgriffe?

Diese „Dirty Dörte“ ist tatsächlich ein Frauentyp aus meiner Jugendzeit. Es war die Zeit, als sich plötzlich viele Mädchen schwarz kleideten, im Kajal versanken und The Cure hörten. Die Musik auf den Festivals veränderte sich: eine ganz andere Tonart, ein ganz anderes Outfit – plötzlich waren Gothic und New Wave angesagt.

Konnten Sie etwas damit anfangen?

Als musikalisches Kind der Siebziger und all dem, was Woodstock angeschoben hatte, bin ich da kaum mitgegangen – aber diese inszenierte Unnahbarkeit gerade bei den Frauen hatte eine gewisse Faszination. Dirty Dörte steht für eines dieser Mädchen – mit toupierten Haaren, Piercing und einem Rosenkranz um den Hals.

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