Reinhard Löwenstein

Reinhard Löwenstein

„Essen und Trinken haben derzeit keinen hohen kulturellen Stellenwert.“

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  • Achim Friederich
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Zur Person

23.03.2005, Winningen. Reinhard Löwenstein sitzt gut gelaunt im Wintergarten seines Weinguts – bekleidet mit einem bunten Sommerhemd genießt er die Frühlingssonne. Der Universalgelehrte unter den deutschen Winzern doziert konzentriert. Wenn ein Zug vorbeifährt, hebt er automatisch seine Stimme, damit keine Silbe verloren geht.

Herr Löwenstein, Sie sind Winzer und gelten als Motor der deutschen Terroir-Bewegung. Erklären Sie uns bitte zuerst: Was macht einen Terroirwein aus?

Reinhard Löwenstein: Im Wort Terroir werden alle weinbestimmenden Faktoren zusammengefasst. Man braucht einen optimalen Weinberg, die Rebsorte, die dort klimatologisch hineinpasst, und einen Winzer, der das Ganze organisiert, damit die Sache rund wird. Im Terroir – der schöpferischen Synthese von Boden, Mikroklima, den Reben und dem Können des Winzers – liegen die wirklichen Geheimnisse großer Weine. Diese Idee eines authentischen und kulturbeseelten Weins lässt sich weltweit jedoch nur auf einem Bruchteil der Weinbergsflächen realisieren. Die meisten Flachlagen Deutschlands wurden erst in den 60er Jahren angelegt, da kann man keine hochwertigen Terroirweine produzieren. Eigentlich kann man da überhaupt keinen Wein sinnvoll anbauen.

Dementsprechend gehen Sie In Ihrem Oenologischen Manifest „Vom Öchsle zum Terroir“ hart mit deutschen Weinen ins Gericht. Was ist so schlimm daran?

Die deutsche Weinwirtschaft hat sich aufs Abstellgleis manövriert. Im Manifest habe ich die politische und kulturelle Entwicklung der letzten 100 Jahre skizziert, die – geprägt durch den Geist der Industrialisierung – den Wein erfasst hat und aus einem bäuerlichen, handwerklichen Produkt ein für den modernen Markt zugeschnittenes Industrieprodukt gemacht hat.

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