Paul Verhoeven

Paul Verhoeven

„Ich betrachte Jesus, wie er wirklich war.“

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24.06.2009, Los Angeles. In der französischen Brasserie ‚La Conversation’ in Beverly Hills wartet Paul Verhoeven am Bistrotisch auf seinen Interviewer. Da er schon früher gekommen ist, hat er sein Frühstück bereits beendet und widmet sich einem Stapel Unterlagen. Als Regisseur verstand er es, mit Filmen wie „Basic Instinct“ zu provozieren, doch beim Gespräch gibt er sich sanftmütig – wenngleich er in der Sache leidenschaftlich argumentiert. Denn es geht hier um ein Thema, das ihn länger beschäftigt als seine Hollywood-Karriere: der historische Jesus von Nazareth, dem er 2009 ein auf Deutsch erschienenes Buch gewidmet hat.

Mr. Verhoeven: Als Regisseur, der bekannt ist für kontroverse Sex- und Gewaltszenarien, haben Sie ein Buch über den historischen Jesus veröffentlicht. Stört es Sie, wenn manche Leute das nicht ernst nehmen?

Paul Verhoeven: Was soll ich dagegen tun? Zumindest bescheren mir meine filmischen Aktivitäten eine Publicity, die ich sonst nicht bekäme. In Holland, wo das Buch schon in der siebten Auflage ist, hat das ja funktioniert. Und die meisten Leser haben das Buch dort ernst genommen.

Trotzdem ist es ungewöhnlich, dass ein Filmemacher zu einem Thema publiziert, um das sich normalerweise Theologen und Historiker kümmern.

Ich wollte ursprünglich einen Film über das Leben Jesu drehen – seit meinem 40. Lebensjahr hatte ich diesen Plan. Aber dafür musste ich wissen, was er wirklich gesagt und getan hat. Das heißt: Was in den Evangelien entspricht der historischen Wahrheit? Deshalb trat ich 1986 dem ‚Jesus Seminar’ bei, einer Gruppe von meist amerikanischen Theologen, die den geschichtlichen Jesus analysieren. Ich habe dort Referate gehalten, habe über 1.000 Bücher zu dem Thema studiert. Zu Hause war unser ganzes Mobiliar damit bedeckt – meine Frau konnte sich kaum noch normal bewegen (lacht). Es gab auch den Versuch, ein Drehbuch zu entwickeln. Ich arbeitete mit Bunuels Drehbuchautor Jean Claude-Carrière daran. Aber letztlich führte das zu nichts.

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