
Oliver Masucci
„Deutschland muss runter von der Veranda!“
Zur Person
Oliver Masucci (geboren am 6. Dezember 1968) kam in Stuttgart zur Welt, nachdem seine Mutter von ihrer Mutter aus Bonn in die schwäbische Provinz geschickt wurde, weil sie vom italienischen Gastarbeiter Pino Masucci ein uneheliches Kind erwartete. Zurück in Bonn ging Oliver Masucci dort aufs Gymnasium, spielte mit zwölf Jahren Theater und ab 16 sogar erste kleine Rollen am Schauspiel Bonn. Zudem half er im Restaurant seiner Eltern mit. 1990 ging Masucci nach Berlin, um Schauspiel zu studieren. Er spielte in vielen großen Theatern im deutschsprachigen Raum, von 2009 bis 2016 gehörte er zum Ensemble des Wiener Burgtheaters. Seine Kinokarriere startete 2015 mit der Rolle als Hitler in „Er ist wieder da“. Internationale Bekanntheit erlangte er durch die Netflix-Serie „Dark“. Für seine Darstellung von Rainer Werner Fassbinder in „Enfant Terrible“ bekam er 2021 den Deutschen Filmpreis. 2023 veröffentlichte er seine Autobiografie „Träumertänzer“, in der er die Geschichte seiner Familie und seiner Schauspielkarriere erzählt – von seinem Weg zum Theater, seinen Rollen in „Die Schachnovelle“ oder „Er ist wieder da“, der Arbeit mit Regisseuren wie Roman Polanski oder Oskar Roehler. Das zugehörige Hörbuch hat er selbst eingesprochen, was dem Text eine unterhaltsame und noch persönlichere Note verleiht. Oliver Masucci hat drei Kinder, lebt in der Schweiz und auf Mallorca. Seine Freundin ist die Journalistin Tanit Koch.
4. Mai 2025, Mallorca. Oliver Masucci kokettiert gerne mit seiner Unpünktlichkeit. In den Videocall wählt er sich jedoch nur wenige Minuten zu spät ein. Um noch einmal kurz zu verschwinden: Kaffee und Kopfhörer holen. Dann jedoch nimmt der vielbeschäftigte Schauspieler sich Zeit, viel mehr als gedacht. Dieser Sonntagvormittag verspricht ein wenig Ruhe – und damit Gelegenheit für einen Ausflug in die Vergangenheit: In Aljoscha Pauses Dokumentarfilm „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ tritt Masucci als Zeitzeuge auf. Er erinnert sich an die wilden 80er- und 90er-Jahre in Bonn, als sich das Kabarett-Theater Pantheon an den Wochenenden in einen Nachtclub verwandelte. Masucci war Stammgast. Diese Bonner Jahre sind auch ein zentrales Puzzlestück in seinem Buch „Träumertänzer“, das zweierlei ist: Autobiografie und Porträt seines italienischen Vaters. Im Gespräch fügt sich alles zusammen: Ängste und Defizite, Arbeit und Familie sowie der immerwährende Wunsch, sichtbar und wirksam zu sein.
Oliver Masucci, was für ein Ort war das Pantheon in Bonn damals für Sie?
Eine eigene Welt. Man ging runter in den Keller, tanzte durch die Nacht, vergaß das Drumherum – und kam erst raus, wenn es draußen wieder hell wurde. Es war ein spezieller Kosmos, der Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet anzog. Ganz wichtig: Es handelte sich nicht um irgendeine beliebige Disco, sondern um ein Theater mit Bühne. Dadurch hatte der Ort eine besondere Magie. Bis kurz vor den Partys hatten da noch Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen oder Helge Schneider gespielt, geschwitzt und das Publikum zum Lachen gebracht. Und auf dieser Bühne tanzten wir nun. Grölten die Hits der Neuen Deutschen Welle.
Was macht eine Bühne so besonders?
Ich bekomme nach wie vor Gänsehaut, wenn ich eine Bühne sehe. Da oben darfst du alles sein, was du willst. Da stehst du auf einem Stuhl und sagst: „Ich bin der Kaiser von China!“ Und dann bist du der Kaiser von China.