Nils Landgren

Nils Landgren

„Die Deutschen sind anarchischer, als sie denken.“

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  • Steven Haberland
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03.04.2017, Berlin. Das Hotelpersonal sagt, es dürfe die plärrende Dudelmusik in der Lobby nicht abstellen. „Die haben doch nur Angst vor der Stille“, sagt Nils Landgren. Der schwedische Jazzmusiker dagegen wirkt furchtlos. Erst am Vortag hat er mit seiner Posaune auf einer pro-europäischen Demonstration gespielt, später moderierte er den Jubiläumsabend seines Labels. Nicht erst seit seiner Zeit bei der NDR Big Band verfügt der 61-Jährige über hervorragende Deutschkenntnisse. Seine charakteristischen goldenen Doppel-Ohrringe blitzen, während er sich in der Lesecke der Lobby über den Zustand Europas, seine Kindheit unter Stahlarbeitern und die eisenharte Disziplin von ABBA auslässt. Natürlich auf Deutsch.

Nils Landgren, Sie spielen Posaune, seitdem Sie 13 Jahre alt sind. Mittlerweile singen sie aber auch, wann fing das an?

Mit vier Jahren habe ich mein erstes A-cappella-Konzert vor versammelter Verwandtschaft gegeben. (singt ein schwedisches Kinderlied) Dann vergingen 35 Jahre. 1993 wurde ich gefragt, ob ich bei einer Soulband in Stockholm mitspielen wollte. Ich durfte Vorschläge für das Repertoire machen und habe mir „Sex Machine“ von James Brown ausgesucht. Ich konnte das natürlich nicht wie er singen. Wahrscheinlich habe ich eher geschrien als gesungen. Aber ich dachte einfach: Go for it.

James Brown gilt als „Godfather of Soul“ und Erfinder des Funk. Wie kamen Sie zu dieser Musik?

Damit bin ich nun einmal aufgewachsen. Mein Vater war Hobby-Trompeter und hörte nur Jazzplatten. „Das hier ist Musik!“, sagte er und legte Duke Ellington und Count Basie auf. Dazu kam der Einfluss meiner Brüder. Der mittlere der beiden sang in einer Rockband. Eines Tages, als ich noch klein war, schleppte er eine Platte von Otis Redding an. Wie mich das bewegt hat! Das war funky! Die Stimmen, die Rhythmusgruppe – das war total neu für mich, hatte aber trotzdem mit Jazz zu tun.

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