
Nathalie Weidenfeld & Julian Nida-Rümelin
„Wir sind gemacht für die Kooperation.“
Zur Person
Julian Nida-Rümelin (geboren 1954 in München) wuchs in einer Künstlerfamilie auf – sein Vater und Großvater waren Bildhauer – und studierte Philosophie und Physik. Er promovierte und habilitierte an der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, an der er heute Philosophie und politische Theorie lehrt. Der Kulturstaatsminister a.D. ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin sowie der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Direktor am Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation. Seit Mai 2020 gehört er als stellvertretender Vorsitzender dem Deutschen Ethikrat an. Außerdem ist er Direktor der Parmenides Foundation, die das Ziel verfolgt, die multidisziplinäre Erforschung menschlichen Denkens voranzutreiben.
Nathalie Weidenfeld wurde 1970 in Frankreich geboren, zog aber im Alter von fünf Jahren mit ihrer Mutter nach Deutschland. Nach einer kurzen Modelkarriere in den USA begann NW mit Mitte Zwanzig, Literatur und amerikanische Kulturwissenschaft zu studieren, und promovierte an der Freien Universität Berlin. Nach zehn Jahren filmwissenschaftlicher Lehre an der LMU München konzentriert sich Nathalie NW heute auf das Verfassen von Sachbüchern und Romanen, aber auch von humorvollen Geschichten oder Kolumnen. Mit ihrem Ehemann Julian JNR lebt sie samt Hund und vier Katzen in München. Die beiden haben drei gemeinsame Kinder.
14. März 2022, München. Gibt es inmitten der weltweiten Wirren und aggressiven Debatten überhaupt noch Ruheoasen? Ja, es gibt sie. Eine davon: ein Gespräch mit Nathalie NW und Julian Nida-Rümelin. Beide verstehen sich als Humanisten – und mit jeder Minute ist zu spüren, dass sie leben, wovon sie reden. Wie üblich ist das Ehepaar um halb sieben aufgestanden, die Kinder mussten zur Schule. Die Frühlingssonne scheint auf die Terrasse eines Schwabinger Cafés, das die beiden für das Interview gewählt haben, das Siegestor ist nur wenige Meter entfernt. Verabredet ist, dass auf unsere Fragen immer die- oder derjenige antwortet, die oder der gerade den Impuls dazu hat. Die Gedanken darüber, wie ein humanes Miteinander funktionieren kann, nehmen ihren Lauf, führen zurück bis zum Philosophen Platon und seinen Vorstellungen davon, was das Erotische sei. Auch die „Chippendales“ tauchen auf. Denn, so das Autorenpaar, Strippen ist gut für die Selbstachtung.
Wann haben Sie zuletzt ein Kompliment erhalten?
Nathalie Weidenfeld: Von meinem Mann bekomme ich viele Komplimente, aber sonst immer seltener. Was wohl vielen Frauen so gehen dürfte, denn wir leben in Zeiten, in denen jedes Kompliment falsch verstanden und als Erniedrigung ausgelegt werden kann. Daher trauen sich immer weniger Männer, Frauen etwas Charmantes zu sagen. Das ist sehr schade. Ich bin sehr für Komplimente. Immer her damit!
Kennen Sie es denn auch, dass Komplimente Ihnen unangenehm wurden?
NW: Wenn ich an die Pfeifkonzerte zurückdenke, die ich als 15-Jährige in Italien ausgelöst habe, ja, das war schon ein bisschen heftig. Es ist immer auch eine graduelle Frage. Und mitunter altersabhängig.