Monika Hauser
„Es gibt keine Alternative zum Handeln.“
Zur Person
Monika Hauser ist 1959 in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Als aufgeschlossene junge Frau verschlägt es sie nach dem Abitur in die Ferne. Nach Aufenthalten in Israel und Sri Lanka studiert sie in Innsbruck Medizin, wo sie 1984 promoviert. Nach dem Staatsexamen in Italien beendet sie ihre Ausbildung zur Fachärztin für Gynäkologie in Deutschland, wo sie in Köln schließlich ihren Lebensmittelpunkt findet. Als sie Ende 1992 in den Medien von den Massenvergewaltigungen von bosnischen Frauen erfährt, reist sie mitten ins Kriegsgebiet und gründet dort wenig später mit einheimischen Psychologinnen und Ärztinnen das Frauentherapiezentrum Medica Zenica. Ihr Engagement wurde mit zahlreichen Preisen wie beispielsweise dem „Right Livelihood Award“ geehrt, der als alternativer Nobelpreis gilt.
11.07.2017, Köln. Die Frauenrechts- und Hilfsorganisation Medica Mondiale hat sich über mehrere Etagen im Kölner Agnesviertel ausgebreitet. Im Erdgeschoss desselben Gebäudes ist der Schwulen- und Lesbenverband Deutschlands zu Hause. Pünktlich begrüßt Monika Hauser mit außergewöhnlich festem Händedruck. Man merkt sofort, dass sie eine Frau der Tat ist, die nicht viel von Gerede hält. Dennoch nimmt sie sich für das Interview Zeit, binnen weniger Minuten befinden wir uns in einem intensiven Gespräch, das von Frauenrechten über die Flüchtlingskrise bis hin zu mangelnden Visionen in der aktuellen Politik führt.
Frau Hauser, Sie beschreiben Medica Mondiale als eine feministische Frauenrechts- und Hilfsorganisation. Was ist für Sie Feminismus?
Das ist eigentlich ganz einfach. Für mich bedeutet Feminismus, an der Seite von Frauen zu kämpfen und diese Welt für Frauen und Mädchen zu einem gerechteren Ort zu machen. Daher besitzen wir mit Medica Mondiale ein emanzipatorisches Selbstverständnis. Das bedeutet, dass wir uns als Kämpferinnen für die Frauenrechte verstehen. Es gibt sicher konservativere Organisationen, die das nicht so klar ausdrücken würden. Unsere Arbeit beruht auf der feministischen Analyse, und daraus haben wir einen emanzipatorischen Ansatz entwickelt. Das stellt natürlich das patriarchale Gefüge in Frage.
Können Sie diesen emanzipatorischen Ansatz erklären?
Wir beraten die Frauen, die sexualisierte Gewalt erlitten haben, ganzheitlich. Das bedeutet, dass wir nicht nur medizinische Unterstützung für Frauen organisieren, die nach einer Vergewaltigung beispielsweise eine Geschlechtskrankheit haben oder verstümmelt wurden, sondern auch psychosoziale und juristische Hilfe für die Bewältigung ihrer Traumata bereitstellen. Bei dieser direkten Art der Unterstützung haben wir immer im Blick, wie wir Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven aufbauen können, sodass die Frau ihr Leben schließlich selbst in die Hand nehmen kann. Das unterscheidet sich ganz klar von einem karitativen Ansatz.