Martin Sonneborn
„In Brüssel legt man pro Jahr fünf Kilo zu.“
Zur Person
Martin Sonneborn (geboren am 15.5.1965 in Göttingen) arbeitete nach Lehre und Studium ab 1995 beim Satiremagazin Titanic, dessen Chefredakteur er von 2000 bis 2005 war. Seit 2005 ist er Herausgeber des Magazins. In seiner Tätigkeit als Politiker ist er Bundesvorsitzender von der „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“, kurz: Die Partei. Diese besitzt zwar satirischen Charakter, gilt aber rein rechtlich als normale Partei. Seit der Europawahl im Juli 2014 ist Sonneborn Mitglied des Europäischen Parlaments und gehört dem Ausschuss für Kultur und Bildung an. Er ist zudem stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten. Bei der Europawahl 2019 kandidiert er erneut für seine Partei.
15. Februar 2019, Bonn. Martin Sonneborn ist ein freundlicher Mensch. Bevor das Gespräch beginnt, entschuldigt er sich, steht auf, zahlt am Tresen des Cafés die Getränke, gibt ein großzügiges Trinkgeld und verabschiedet sich ausgesucht höflich bei der Kellnerin. Sonneborn, Mitglied des EU-Parlaments für Die Partei, ist allerdings auch ein Satiriker und Quälgeist, bei dem man nie so richtig weiß, ob er es gerade ernst meint. So ist es auch beim Gespräch während eines Spaziergangs durch Bonn. Würde man den großen schlanken Herrn mit dem schütteren Haar aus der Ferne betrachten, könnte man ihn für einen sanftmütigen Beamten halten. Bei allem Spott schimmert in manchen Antworten auch immer wieder glaubhafter Ernst durch, zum Beispiel wenn es um Europas Zukunft und unangenehme Sitznachbarn geht.
Herr Sonneborn, wie beginnt ein normaler Parlamentarieralltag bei Ihnen?
Der beginnt so, dass ich morgens im Bett liege, Radio höre und zum Beispiel mitbekomme, dass der Irre vom Bosporus…
… Sie meinen den türkischen Staatspräsidenten Erdogan…
…die EU-Kommission anweist, ein Förderprojekt für die Dresdner Symphoniker einzustellen, weil es sich auf musikalische Art und Weise mit dem türkischen Genozid an den Armeniern beschäftigt. Dann lese ich ein bisschen in der Süddeutschen Zeitung und stelle fest, dass die EU-Kommission tatsächlich auf die Anweisungen des türkischen Diktators eingeht und dieses Förderprojekt, das sich wirklich nur musikalisch mit dem Völkermord an den Armeniern auseinandersetzt, von der Website nimmt, die Förderung überdenkt und dafür sorgt, dass das Wort Genozid von der Homepage verschwindet. Dann reifen in mir die Gedanken, dass das falsch ist und dass ich gerne etwas dagegen tun würde. Es entsteht sogar so etwas wie Empörung.