Marc-Uwe Kling
„Du bist niemals vor Ideen sicher.“
Zur Person
Marc-Uwe Kling (geboren 1982 in Stuttgart) zog Anfang der Nullerjahre nach Berlin, um dort Philosophie und Theaterwissenschaften zu studieren. Auf Berliner Bühnen war er als Poetry-Slammer und Musiker zu hören, 2005 war er einer der Mitgründer der „Lesedüne“, eines Ortes für systemkritischen Humor. 2009 kam das Känguru in seine Welt: Sein Buch „Die Känguru-Chroniken. Ansichten eines Beuteltiers“ entwickelte sich zum Bestseller, sowohl in gedruckter als auch in von ihm vor Live-Publikum inszenierter Audio-Form. Es folgten drei weitere Känguru-Teile, die Produktpalette reicht mittlerweile von zwei Verfilmungen über Comics und Gesellschaftsspiele bis hin zu einer Reclam-Ausgabe. 2017 und 2020 erschien seine zweibändige Dystopie „Qualityland“. Marc-Uwe Kling schrieb Kinderbücher über „Das NEINhorn“ oder den „Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat“. Zusammen mit seinen Töchtern verfasste er 2023 das Jugend-Fantasy-Buch „Der Spurenfinder“. Er lebt mit Familie in Berlin.
26. Juni 2024, Berlin. Marc-Uwe Klings Selfie-Kamera ist kaputt, der Bildschirm bleibt schwarz. Also stellt er sie einmal kurz auf den normalen Modus, bewegt sich vor die Frontkamera und winkt, bevor wir das Zoom-Meeting wie ein herkömmliches Telefonat führen, ohne uns dabei zu sehen. Ungewöhnlich ist das nicht, denn Klings Stimme ist den meisten deutlich präsenter als sein Aussehen. Die vier Teile der zeitlos lustigen Känguru-Chroniken sind genau wie „Qualityland“ vor allem gigantische Hörbuch-Erfolge. Natürlich hat Marc-Uwe Kling auch sein neues Buch selbst eingelesen: „Views“ ist ein Thriller, bei dem einem das Lachen schnell vergeht. Zeit für Fragen zur Befindlichkeit des Landes und zu handwerklichen Aspekten des kreativen Schreibens. Typisch, dass sich am Ende des Gesprächs das Känguru auf sehr lustige Art bei seinem Macher rächt
Marc-Uwe Kling, „Views“ ist Ihr erstes Werk, das nicht in erster Linie von Humor bestimmt wird.
Richtig.
Warum war es dafür an der Zeit?
Weil die Story danach verlangt. Bisher habe ich meine Geschichten über die Figuren erzählt. Zum Beispiel über das Känguru oder Das NEINhorn. In diesem Fall war aber zuerst die Story da, genauer gesagt der Plot-Twist. Den hatte ich unverrückbar im Kopf. Es geht dabei thematisch sehr viel um Ängste, und da fand ich es sinnvoll, eine künstlerische Form zu wählen, die mit Angst spielt. Und das ist eben der Thriller. Alle, die den Humor vermissen, kann ich aber beruhigen: Mein nächstes Buch wird wieder witzig werden. Welche Ängste beschreiben Sie konkret? Ich habe sehr bald gemerkt, dass ich beinahe alles, was mir aktuell Sorgen bereitet, in dieses Buch gepackt habe. Die Polarisierung der Gesellschaft zum Beispiel, den Aufstieg des politischen Populismus und den Medienkonsum mit seinen Folgen. Es war gar nicht beabsichtigt, das Buch zu einem Sammelbehälter für meine Ängste zu machen. Es hat sich so gefügt. Was sicherlich auch daran liegt, dass diese Themen allesamt miteinander verbunden sind.