
Ludovico Einaudi
“Komponieren ist immer ein Versuch, Dinge zu übersetzen.“
Zur Person
Ludovico Einaudi (geboren am 23.11.1955 in Turin) zählt zu den meistgestreamten Klassikkünstlern der Welt – noch vor Mozart, Beethoven und Bach. Er wuchs zwischen Politikern, Künstlern und Medienschaffenden auf, sein Großvater war italienischer Staatspräsident, sein Vater gründete ein angesehenes Verlagshaus. Der Komponist und Pianist studierte am Mailänder Konservatorium. Zu seinen wichtigsten Mentoren gehörten überzeugte Avantgardisten wie Karl-Heinz Stockhausen und Luciano Berio, doch Einaudi wandte sich einem zugänglicheren Stil zu, der von der amerikanischen Minimal Music geprägt war. Einaudis Album „Le Onde“ (inspiriert von Virginia Woolfs Roman „Die Wellen“) erregte 1996 die Aufmerksamkeit der Klavierwelt. In den 2000er-Jahren führten seine Alben „Una mattina“ und „Divenire“ die Klassik-Charts an und schafften erstmals auch den Sprung in die Pop-Charts. Einaudi komponiert für Orchester und Ensemble, Ballett, Oper, Theater, und auch seine Filmmusiken (zum Beispiel für „Ziemlich beste Freunde“, „Nomadland“ und „The Father“) erreichen verlässlich hohe Beliebtheitswerte. Einaudi lebt nach einigen Jahren in Mailand wieder in seiner Geburtsstadt Turin.
18. Dezember 2024, Mailand. Es ist 12:06 Uhr, als sich Ludovico Einaudi auf dem Weg zu seiner Mailänder Wohnung schon mal via Handy zuschaltet und für die kurze Verspätung entschuldigt. Per Videocall begleiten wir ihn die letzten Meter. Er trägt einen schwarzen Fedora-Hut, seine Silhouette hebt sich von dem strahlend blauen Winterhimmel ab. Im Hintergrund ziehen die pastellfarbenen historischen Bauten des Künstlerviertels Brera vorbei. Am Abend steht für Einaudi der letzte von 17 Auftritten einer vorweihnachtlichen Konzertreihe an, die alljährlich in Mailand stattfindet. Nach etwa fünf Minuten hat der Künstler die Wohnung erreicht, wo das Gespräch in Anwesenheit seiner treuen Begleiterin Brina stattfindet, einer Wheaten-Terrier-Hündin. Brina bedeutet auf Deutsch Frost. Und so fällt der Übergang zur ersten Frage nicht schwer.
Ludovico Einaudi, es gibt dieses berühmte Bild von Ihnen, wie Sie auf einer Scholle im arktischen Eismeer an einem Steinway-Flügel sitzen. Wie kam es zu dieser einzigartigen Aufnahme?
Seit etwa 10 Jahren arbeite ich immer wieder mit Greenpeace zusammen. Anfangs bat man mich darum, meine Musik für einige Videobotschaften der Organisation verwenden zu dürfen. Da mir die Bekämpfung des Klimawandels sehr am Herzen liegt, habe ich ihre Projekte gerne auf diese Weise unterstützt. Eines Tages kam Greenpeace dann auf die Idee, mich für ein Projekt als Künstler einzubeziehen, um auf die Probleme in der Arktis aufmerksam zu machen.
Sie sind mit der Arctic Sunrise in die Nähe des Wahlenbergbreen-Gletschers gereist und haben auf einer künstlichen Eisscholle Ihr Stück „Elegy for the Arctic“ gespielt.
Der Klimawandel macht dieser Region noch stärker zu schaffen als anderen Meeresgebieten. Das Ökosystem reagiert hochsensibel auf Veränderungen, die seinen natürlichen Zustand gefährden. Das wirtschaftliche und touristische Potenzial der Seewege sorgt für zunehmenden Schiffsverkehr. Hinzu kommt die Erdöl- und Erdgasförderung. Von Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung sind Umwelt, Tiere und Menschen betroffen.