
Liv Strömquist
„Wir leben in einem Imperium der Bilder.“
Zur Person
Liv Strömquist (geboren am 3. Februar 1978 in der südschwedischen Stadt Lund) ist Tochter einer Bibliothekarin und eines Künstlers. In ihrer Jugend interessierte sie sich für Literatur, Punk und Alternativkulturen. Als Studentin begann sie, erste Fanzines zu zeichnen und beim Uni-Radio über feministische Themen zu sprechen. 2005 erschien ihr erster Comic „Hundert Prozent Fett“, knapp zehn Jahre später der Durchbruch mit „Der Ursprung der Welt“. Dieser gezeichneten Kunstgeschichte der Vulva folgten die Comics „Der Ursprung der Liebe“ und „Ich fühl‘s nicht“, in denen sie über die Liebe in kapitalistischen Zeiten nachdenkt, sowie „I’m Every Woman“, in dem sie den Mythos des männlichen Genies zerpflückt. Für die Titel ihrer Comics lässt sich Strömquist stets selbst in Szene setzen. Man sieht sie als intellektuellen Punk in Schwarz, als verträumte Prinzessin im Rüschenkleid, als Madonnenfigur, kühle Stilikone und unnahbare Königin. Liv Strömquist lebt und arbeitet in Malmö.
20. Oktober 2021, Malmö. Mit 17 Jahren besuchte Liv Strömquist in Stockholm einen Vortrag über Geschlechterrollen, seitdem betrachtet sie sich als Feministin. Heute ist die Comiczeichnerin 43 Jahre alt, mit ihren Zeichnungen und Essays sagt sie dem Patriarchat den Kampf an und führt vor Augen, wie wir alle, Männer wie Frauen, in die Fallen tappen. In ihrem neuen Comic „Im Spiegelsaal“ denkt sie in Text und Bild darüber nach, wie sich Schönheitsideale und Körpernormen unter dem Einfluss der sozialen Medien verändern. Im blauen Wohlfühl-Pullunder, die Haare wuschelig, hat es sich die Pionierin des Genres Sachcomic in ihrem Atelier in Malmö gemütlich gemacht. Etwas verschlafen sieht sie aus, aber der Eindruck täuscht: Liv Strömquist ist hellwach.
Liv Strömquist, haben Sie heute schon Instagram gecheckt?
Nein, tatsächlich noch nicht. Seltsam, normalerweise erledige ich das direkt am Morgen.
An welchen Bildern bleiben Sie hängen, wenn Sie durch Instagram scrollen?
Es gibt kein echtes Muster. Meist bleibe ich an irgendeinem Gesicht hängen, klicke auf das Foto, dann auf jemanden, der markiert ist, scrolle von dort weiter, entdecke etwas Neues – und so geht das immer weiter. Stunden später schaue ich auf und frage mich, wo die Zeit geblieben ist. Es ist schrecklich, wie lange ich wahllos durch Bilder scrollen und mir Fotos von wildfremden Menschen anschauen kann. Aber die App ist natürlich auch so designt, dass wir wie gebannt an diesen Bildern hängen und immer weiter wischen. Der Suchtfaktor ist Teil der App, man kann sich kaum dagegen wehren. Es liegt also gewissermaßen am Algorithmus, nicht an einem selbst. Instagram saugt dich im wahrsten Sinne des Wortes auf, und lässt dich nicht mehr los.