Kent Nagano

Kent Nagano

„Nur still und leise – das ist kein Modus fürs ganze Leben.“

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Zur Person

13. Februar 2019, München. Das Hotel Palace in München – kaum ein klassischer Musiker von Weltrang, der nicht hier logiert, wenn er in der Stadt auftritt. In der größten Suite steht ein schwarzer Steinway-Flügel mitten im Zimmer, der Legende nach dürfen die Künstler auch spät nachts in die Tasten greifen. Dirigent Kent Nagano, 67, ist für zwei Konzerte mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Stadt, die er durch seine Zeit als Generalmusikdirektor an der Staatsoper bestens kennt. Nagano ist der stille Intellektuelle unter den großen Dirigenten der Welt, umso mehr ist er unangenehm berührt, als er nach einer knappen halben Stunde Verspätung im Restaurant des Hotels zum Gespräch eintrifft. Die Probe hat länger gedauert als geplant. Er bestellt Apfelschorle und spricht über die Aufgabe der Musik in einer lärmenden Welt.

Maestro Nagano, trinken Sie gerne Champagner?

Aber natürlich! Wer tut das nicht? Wobei ich sagen muss, dass ich mit dem Konsum von Wein und Champagner erst sehr spät als Erwachsener angefangen habe. Ich komme aus Kalifornien, dort gibt es noch keine echte Wein-Tradition. Seit gerade mal 40, 50 Jahren kommt aus dem Napa Valley hochwertiger Wein, vorher war das Zeug nicht zu genießen. Sie haben auf Deutsch ein sehr schönes Wort für miesen Wein…

Fusel?

Richtig. Fusel. Ein so schönes Wort für so was Furchtbares. Ich habe in San Francisco Musik studiert, und wie alle Studenten konnte ich mir die besten Weine nicht leisten. Champagner schon gar nicht. Die billigen regionalen Weine aus dem nahen Valley schmeckten damals fürchterlich, da habe ich lieber gar nichts getrunken. Als ich Ende der 80er-Jahre an die Oper nach Lyon ging, änderte sich das. Champagner hat in Frankreich nicht nur eine kulinarische, sondern vor allem auch eine gesellschaftliche Funktion. Gerade in einer Stadt wie Paris ist Champagner keine Statusfrage, jeder trinkt ihn zu jeder Gelegenheit. Mittags, abends, beim Geburtstag, bei Empfängen. Champagner gibt der Stadt ihren sozialen Rhythmus. Dabei geht es immer um die Qualität und nie um den reinen Konsum oder die Menge, die ich trinken kann. Einen guten Champagner zu keltern, ist eine wirklich raffinierte Kunstform. Aber warum fragen Sie danach?

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