Karl Lauterbach
„Niemand, der bei Verstand ist, zweifelt nicht manchmal an dem, was er tut.“
Zur Person
Prof. Dr. Karl Lauterbach, geboren am 21. Februar 1963 in Düren, wusste bereits früh, dass er sein Leben der Medizin verschreiben möchte. Schlüsselerlebnis war eine falsch gestellte Diagnose und Prognose bei ihm selbst. Mit dem Ziel, Menschen in Notlagen zu helfen. Er studierte Medizin in Aachen und verbrachte als Stipendiat und Doktorand längere Aufenthalte in den USA, unter anderem an der renommierten Harvard University, wo er noch heute eine Gastprofessur hat. Von seiner katholischen Familie geprägt war Lauterbach zunächst CDU-Mitglied, trat später jedoch 2001 in die SPD ein. 2005 zog er als Abgeordneter für die SPD in den Bundestag ein, wo er sich schnell als Experte für Gesundheitsthemen etablierte. Insbesondere während der Corona-Pandemie gewann er durch seine Einschätzungen als Vertreter des „Teams Vorsicht“ in Talkshow-Auftritten breite Aufmerksamkeit, die politische Beobachter als wichtigen Faktor für seinen Weg ins Ministeramt werten. Lauterbach hat fünf Kinder, seine derzeitige Lebensgefährtin ist die ehemalige Journalistin Elisabeth Niejahr.
9. September & 8. November 2024, Berlin. Ein vollgepackter Tag für Karl Lauterbach. Wieder einmal. Am anderen Ende des Tiergartens verteidigt der Bundesminister für Gesundheit auf einem Krankenhausgipfel seine geplante Klinikreform, dann geht es mit anderthalb Stunden Verspätung zum bereits zuvor verschobenen Interviewtermin. Im Gespräch erlebt man einen trotz Stress in sich ruhenden Politiker, der nicht verbergen kann oder will, tief im Stoff zu sein. Trotzdem reicht die Zeit nicht, und wir vereinbaren einen Anschlusstermin, der rund zwei Monate nach dem ersten Interview stattfindet – zwei Tage nach der Entlassung von Finanzminister Lindner, die das Scheitern der Ampel-Koalition besiegelt.
Karl Lauterbach, welcher Job ist anstrengender: Bundesminister oder Arzt?
Ich bin noch immer mit vielen Kollegen im Arztberuf im Austausch, mit denen ich studiert habe. Von daher weiß ich: Beide Jobs sind anstrengend, aber auf unterschiedliche Art und Weise.
Aber Ihr Arbeitstag als Minister ist vermutlich länger?
Typischerweise dürfte das der Fall sein, ja. Oft arbeite ich mehr als fünfzehn Stunden am Tag.
In Deutschland fehlen Tausende Ärzte, gleichzeitig warten Tausende junge Menschen auf einen Medizin-Studienplatz. Wer genommen werden will, braucht eine exzellente Abiturnote. Wie bewerten Sie dieses System?
Wir brauchen mehr Studienplätze und ein breiteres Zulassungsverfahren. Die persönliche Eignung sollte eine größere Rolle spielen. Derzeit sind die Voraussetzungen für ein Medizinstudium zu stark auf die Abiturnote ausgelegt. Ideal ist ein breites Spektrum von Studierenden; solche, die stark wissenschaftlich orientiert sind, aber auch solche, die sehr sozial und einfühlsam sind. Ärzte, die später als Wissenschaftler arbeiten möchten, müssen typischerweise sehr gute Naturwissenschaftler sein. Da dient der Numerus clausus tatsächlich als guter Hinweis auf die Eignung. Viele Ärzte brauchen aber auch Empathie, müssen gut zuhören können und eine idealistische Ader haben.