Julie Delpy
„Die Besetzungscouch gehört immer noch zur Einrichtung jedes Produzentenbüros.“
Zur Person
Julie Delpy wurde 1969 als Tochter des Schauspieler-Paares Marie Pillet und Albert Delpy in Paris geboren. 1984 gab sie ihr Leinwanddebüt in Jean-Luc Godards Krimi-Komödie „Detective“. Anfang der Neunzigerjahre avancierte sie durch die Dramen-Trilogie „Drei Farben: Blau/Weiß/Rot“ zur jüngsten französischen Film-Diva. Gleichzeitig lernt sie bei Volker Schlöndorffs „Homo Faber“ die USA kennen und schätzen. 1990 zieht sie nach New York, 2001 wird sie US-Bürgerin. 2009 bekommt sie mit dem deutschen Filmkomponisten Marc Streitenfeld einen Sohn, den sie seit 2012 alleine in L.A. und Paris erzieht.
04.02.2016, Los Angeles. In den Neunzigerjahren war sie das junge hübsche Gesicht des französischen Films, doch seit Julie Delpy auch selbst Drehbücher schreibt und Filme inszeniert, steht fest, dass dieses Gesicht nicht an einem hohlen Schädel festgetackert ist. Vielmehr hat man es bei der äußerlich eher zarten Person mit jemandem zu tun, der jede Information aufsaugt, sie durch sämtliche Hirnwindungen jagt und dabei mit anderen Informationen vergleicht, um schließlich mit einer Meinung aufzuwarten, die an Attitüde ebenso wenig zu wünschen übrig lässt wie an Selbstironie.
Frau Delpy, kennen Sie einen Witz, der international funktioniert?
So direkt gefragt, fällt mir noch nicht mal ein Witz auf Französisch ein, den jeder Franzose sofort verstehen würde.
Sind Sie überhaupt eine gute Witze-Erzählerin?
Ich bin eine gute Über-Witze-Lachen-Könnerin und eine ebenso gute Witze-Sofort-Vergesserin. Meine Spezialität ist eher, dass ich bei einem verbalen Schlagabtausch humoristisch Paroli bieten kann. Wenn eine Bemerkung die nächste jagt und der eigentliche Anlass längst vergessen ist. Ich glaube, das ist eine französische Eigenart. Obwohl, nein, das stimmt nicht, diese Art von Schlagabtausch habe ich auch schon mit Amerikanern erlebt. Und mit Deutschen. Ach, vermutlich hat Humor gar nichts mit der Nationalität, sondern eher mit der Mentalität zu tun. In südeuropäischen Ländern ist er schnell und deftig, zumindest im Gespräch. Je nördlicher, umso trockener wird’s. Und dann gibt es noch die Briten. Die können alles, und zwar am besten.