Julia Jentsch
„Das Märchenhafte, das Wegträumenkönnen liegt mir“
Zur Person
Julia Jentsch wurde am 20.02.1978 als Tochter eines Richters in West-Berlin geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie von 1997 bis 2001 die Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und spielte parallel als freie Schauspielerin u.a. in Witzleben und Berlin. Zu Beginn der Spielzeit 2001/2002 holte sie der Intendant Frank Baumbauer in das neue Ensemble der frisch renovierten Münchner Kammerspiele. Seitdem spielt und lebt sie, soweit sie nicht im Rahmen von Dreharbeiten oder Gastspielen unterwegs ist, in München. Sie erhielt 2004 den Bayerischen Filmpreis als beste Nachwuchsdarstellerin und im Rahmen der Berlinale 2005 den Silbernen Bären als beste Darstellerin.
08.05.2005, Berlin. Die patinageschwängerte Garderobe der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz strahlt spröden Charme aus. Julia Jentsch erzählt anfangs etwas schüchtern, später gelöst. Beim zweiten Gespräch am 30.05. im Foyer der Münchener Kammerspiele strahlt sie zwischen zwei Proben eine entspannte Gelassenheit aus.
Frau Jentsch, Sie kommen gerade aus einer sechsstündigen Vorstellung der „Nibelungen“ und haben im Anschluss auf dem Podium eine Stunde mit dem Publikum diskutiert. Wie hoch ist Ihr Adrenalinspiegel momentan?
Julia Jentsch: Der innere Zustand ist schon nach jeder Vorstellung sehr unterschiedlich. Speziell heute hat sich eine Art Erschöpfung eingestellt, besonders jetzt, einige Zeit nach dem Ende. Die Erschöpfung weicht allerdings in diesem Moment der Erleichterung nach einer enormen Anspannung und Aufregung im Vorfeld.
Spielt der Aspekt, dass Sie in Ihrer Heimatstadt auftreten, dabei eine besondere Rolle?
Schon, vor allem in diesem geschichtsträchtigen Gebäude. Der Zuschauerraum der Münchner Kammerspiele ist so gebaut, dass er zur Bühne hindrängt und das Publikum den Schauspielern quasi an den Lippen hängt – das ist ausgesprochen schauspielerfreundlich. Hier auf der Volksbühne erlebe ich, in welche Weite sich der Zuschauerraum öffnen kann. Man spürt, dass man etwas zu sagen und zu versenden haben muss, eine ganz andere Kraft und Intensität ist nötig. Die Größe des Raumes hat mich erst in Panik versetzt, später angespornt. Dann wirkt das Adrenalin.