
Julia Friedrichs
„Die Elite lebt in einer Art Parallelwelt.“
Zur Person
Julia Friedrichs wurde am 15.12.1979 in Gronau geboren. Sie studierte Journalistik an der Universität Dortmund. Dafür braucht man keine reichen Eltern, aber einen Einser-Abiturschnitt. Nach einem Volontariat beim WDR dreht sie nun als freie Autorin Fernsehreportagen, u.a. für die ARD-Sendung „Monitor“. 2007 wurde sie für eine Reportage mit dem Axel-Springer-Preis für junge Journalisten ausgezeichnet. Julia Friedrichs zählte zu dem einen Prozent, das das Bewerbungsverfahren der Beraterfirma McKinsey geschafft hat. Friedrichs lehnte den Luxus-Job ab und schrieb stattdessen das Buch: „Gestatten: Elite. Auf den Spuren der Mächtigen von morgen“. Ihr neuestes Buch „Ideale: Auf der Suche nach dem, was zählt“ beschäftigt sich mit Menschen und ihren Visionen.
04.03.2008, in einem Hörsaal der Freien Universität Berlin. Julia Friedrichs kommt 45 Minuten zu spät zum Interview, aber in ihrem Blick liegt eine so große Entschuldigung, dass man ihr nicht böse sein kann. Zu Hause gab es einen Wasserrohrbruch, dann fuhr statt der U-Bahn ein Schienenersatzverkehr. Die Elite, mit der sich Julia Friedrichs beschäftigt, wäre sicher Taxi gefahren.
Frau Friedrichs, vor drei Jahren haben Sie sich als Journalistikstudentin bei der Beraterfirma McKinsey beworben. Ein halbes Jahr waren Sie in dem weltweit härtesten Auswahlverfahren und hätten anschließend einen Vertrag über 67.000 Euro Gehalt pro Jahr plus Dienstwagen unterschreiben können. Sie haben abgelehnt – und jetzt ein Buch über Eliten geschrieben. Warum?
Julia Friedrichs: Angetrieben zu dem Buch haben mich Sorge und Neugier. Was ich bei McKinsey erlebt habe, hat mich nicht mehr losgelassen. Ich wollte wissen, ob deutschlandweit der Gedanke gilt, den ich in der McKinsey-Welt gehört habe: „Zum Wohle der Allgemeinheit ist es die Aufgabe der Gewinner, die Verlierer anzutreiben, zur Not auch auszusortieren.“
Was genau haben Sie bei McKinsey erlebt?
Nach meiner Bewerbung wurde ich zu einem viertägigen Luxus-Assessment-Center eingeladen, um McKinsey kennen zu lernen. 120 Studenten aus ganz Europa flogen Business nach Griechenland. Wir kamen in ein Fünf-Sterne-Hotel, wobei jeder Student seinen eigenen Bungalow mit Blick aufs Meer hatte. McKinsey hatte Jachten gemietet, mit denen wir durch die Ägäis segeln konnten und abends wurde ein DJ aus Athen eingeflogen. Tagsüber hatten wir Seminare, in denen uns gesagt wurde: „Ihr seid brillant! Ihr könnt Europas nächste Führungskräfte werden!“ Schon am dritten Tag merkte ich, wie ich anfing mich zu verändern. Ich hätte nie gedacht, dass das so schnell geht.