Jürgen Prochnow

Jürgen Prochnow

„Wer seine Erinnerungen verliert, verliert auch seine Würde.“

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14.07.2017, Berlin. Jürgen Prochnow mag es bis heute nicht, wenn andere Menschen ihn beobachten. Oder wenn er auch nur das Gefühl hat, dass sie es vielleicht tun könnten. Deshalb fiel die Wahl für den Ort des Interviews auf einen Szenetreff in Neukölln. Im Prachtwerk verbirgt sich hinter einer Stahltür ein Séparée, in dem es sich ungestört reden lässt. Jürgen Prochnow erscheint zehn Minuten vor dem verabredeten Termin. Meist wirkt der Schauspieler, gerade 76 Jahre alt geworden, deutlich jünger: Sein Haar ist voll, sein Körper drahtig. Doch es gibt auch Momente, in denen er plötzlich todmüde wirkt und fast in sich zusammenzusacken scheint. Was auch an den Themen liegen könnte, doch sein neuer Film bietet ideale Steilvorlagen, um über verdrängte Erinnerungen, Ängste vor schweren Krankheiten und die eigene Vergänglichkeit zu sprechen.

Herr Prochnow, für Ihren neuen Film „Leanders letzte Reise“ mussten Sie in die Haut eines gebrechlichen 92-Jährigen schlüpfen ...

... und das hat mich viel Kraft gekostet. Wochenlang saß ich jeden Morgen für ein paar Stunden in der Maske, zwei Maskenbildnerinnen werkelten an mir herum. Und am Abend mussten die Latexberge und die Schminke ja auch wieder ab, was noch einmal mindestens eine Stunde dauerte. Das war eine körperliche Belastung, die ich nur durch Lockerungs- und Atemübungen sowie autogenes Training gemeistert habe.

Laut Produzent Siegfried Kamml waren Sie für diese Rolle auch bereit, sich seelisch zu entblößen. Wie viel Kraft kostet das?

Ich fühlte mich während der Dreharbeiten oft extrem verletzlich. Für diesen Film musste ich sehr persönliche Erinnerungen und Gefühle reaktivieren, die ich lange unterdrückt habe. Dabei stiegen auch bittere Episoden aus meiner Kindheit in mir hoch. Damit musste ich persönlich fertigwerden, konnte dieses Gefühlschaos aber auch gut für die Rolle nutzen.

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