Judith Holofernes
„Bei mir sitzt ein Wolf im Hasenfell!“
Zur Person
Judith Holofernes (geboren am 12. November 1976 in Berlin) suchte sich ihren Künstler-Nachnamen nach dem Feldherr Holofernes aus Assyrien aus, von dem im Alten Testament erzählt wird, er wurde von der gottesfürchtigen Witwe Judit enthauptet. Nach sechs Jahren mit Kinderladen-Erziehung in Berlin-Kreuzberg zog Judith Holofernes mit ihrer Mutter, die in einer lesbischen Beziehung lebte, nach Freiburg, wo sie ihren ersten Kulturschock erlebte. Nach dem Abi ging sie zurück nach Berlin, wo sie 2000 die Band Wir Sind Helden gründete. Sie und Schlagzeuger Pola Roy heirateten 2006, das Paar hat zwei Kinder. Die Band kündigte 2012 eine Pause an, die noch andauert. Seitdem ist Judith Holofernes als Solomusikerin aktiv.
13.01.2014, Winter in Berlin. In einem winzigen, charmanten Café abseits der üblichen Szenebezirke hat die Sängerin ein heimeliges Hinterzimmerchen reserviert. Ein Jahr lang hat die Sängerin von Wir sind Helden ausschließlich Texte geblogged. Während ihre Fans über das Ende der Berliner Pop-Formation diskutierten, antwortete die Frontfrau mit lustigen Tiergedichten. Kein Wort über die Helden, keine Zeile über eine Solokarriere oder neue Songs. Hinter den Kulissen jedoch arbeitete Holofernes fleißig an ihrem ersten Soloalbum „Ein leichtes Schwert“. Nun lädt sie zum Gespräch, vis-à-vis. Zum ersten Mal ist sie solo unterwegs, ein Alleingang in eigener Sache.
Frau Holofernes: Auch mal wieder Arbeiten?
Judith Holofernes: (lacht) Ja, auch mal wieder arbeiten. Ich hab viel nachgedacht über das Thema Arbeit, Pause und Müßiggang – ich Nichtsnutz. Ich finde, Müßiggang ist ein total spannendes Feld. Ich bin total fasziniert vom Müßiggang und finde es ein gesellschaftlich relevantes Thema, was viel mit Anarchie und Freiheit zu tun hat. Und in dem auch viel Gold liegt. Aber wie man sich denken kann, ist mir der Müßiggang nur teilweise in die Wiege gelegt worden. Ich trage das in mir, aber ich arbeite auch total gerne. Das war eine spannende Erkenntnis in dieser Band-Pause: Wenn ich kaum etwas machen muss, entwickle ich umso mehr Lust zu arbeiten.
Das scheint leicht daher gesagt, wenn man nichts weiter tun muss als zuzuschauen, wie sich die Tantiemen auf Ihrem Konto vermehren. Ihre Freiheit, Ihre Lust auf Arbeit ist ein großer Luxus.
Ja! Natürlich ist es so, dass ich mir einen Sabbat leisten kann und nicht sofort wieder arbeiten gehen muss. Man sollte Leute wie mich als Versuchsmeerschweinchen nehmen, um zu schauen was mit denen passiert, wenn sie nicht arbeiten. Ich denke, dass ein Mensch, der mit sich im Reinen und im Fluss ist, zwar müßig sein möchte, aber nicht unbedingt faul, sondern eher gerne produktiv. Ich finde, dass sich Müßiggang weniger mit Produktivität ausschließt, als sich etwa Geschäftigkeit und Produktivität gegenseitig ausschließen. Unser Standard-Arbeitsmodell und unsere Arbeitsmoral sind zu 90 Prozent auf Geschäftigkeit ausgerichtet.