Jon Savage
„Pop ist destillierte Emotion. Rock ist, was mir Angst einjagt.“
Zur Person
Jon Savage, Jahrgang 1953, studierte in Cambridge und war ab 1976 als Plattenrezensent und Essayist eine der wichtigsten journalistischen Stimmen der Punkrock-Jahre. Er schrieb für alle wichtigen Musikmagazine, aber auch für die etablierten Tageszeitungen. Sein Buch „England´s Dreaming“ aus dem Jahr 1991 gilt bis heute als definitives Werk über die britische Punkrock-Szene. Später war Savage in Manchester wichtiger Begleiter der dortigen Underground-Szene um Tony Wilsons Label „Factory Records“. Er entwarf das Plattencover für eine frühe Single der Manic Street Preachers, stellte als DJ Compilations zusammen und arbeitete als Drehbuchschreiber fürs Fernsehen. Alle seine Werke haben gemeinsam, dass sie weit über Erinnerungen und nostalgische Betrachtungen hinausgehen und sehr detailliert den Zusammenhang zwischen Musik und Gesellschaft betrachten. Jon Savage lebt in Anglesey, einer Insel der Nordwestküste von Wales.
13.03.2009, Berlin. Jon Savage bereitet sich in der Küche seiner Übersetzerin in Kreuzberg einen Tee zu. Am Tisch schaut er auf seine Uhr und sagt: „Wir haben eine halbe Stunde.“ Ein Zeitlimit, das er am Anfang eines jeden Interviews kommuniziert – er will sich schließlich nicht langweilen. Im Gespräch legt er die Uhr dann doch irgendwann weg und erzählt ausführlich vom gesellschaftlichen Wert der Popkultur und Bands, die ihm Angst eingejagt haben.
Mr. Savage, ich habe eben zusammen mit Ihrer Übersetzerin einen kurzen Streifzug durch Ihre iTunes-Mediathek unternommen. Unglaublich. Nicht nur die reine Masse an Songs, sondern auch die akkurat angelegten Listen. Haben Sie eine Ahnung, wie viele Stunden Sie sich damit beschäftigt haben?
Jon Savage: Keine Ahnung. Das ist ja das Schöne an Dingen, die man leidenschaftlich gerne tut: Zeit spielt dann keine Rolle. Und ich liebe nun einmal Musik. Musik ist der Grund, warum ich mit dem Schreiben begonnen habe. Meine Fähigkeiten haben nie ausgereicht, um mich der Musik auf, nun ja, musikalische Weise zu widmen.
Immerhin sind Sie auch DJ und stellen Compilations zusammen.
Da kommt mir mein Talent zugute, Musik sichten, einschätzen und organisieren zu können. Ich rezensiere bis heute Platten für Zeitungen und Magazine, und es ist bei diesem Job unabdingbar, sich nicht nur eine Meinung zu bilden, sondern das Gehörte auch sinnvoll einordnen zu können.