John Sinclair
„Popkultur ist die wirksamste Waffe gegen das Bewusstsein der Jugend.“
Zur Person
Der am 02.10.1941 in Flint, Michigan geborene John Sinclair ist eine lebende Legende der Sixties-Gegenkultur. 1968 gründete er die berüchtigte White Panther Party, quasi ein weißhäutiger Unterstützer-Club der Black Panther. Parallel arbeitete er als Musikmanager für Bands wie MC5 und Iggy & The Stooges. 1969 verkaufte er zwei Joints an Zivilpolizisten, dafür brummte man ihm die Höchststrafe von zehn Jahren auf. Zahlreiche Musiker und Aktivisten setzten sich für seine Freilassung ein. Im Gefängnis schrieb er die Bücher „Guitar Army“ und „Music & Politics“, die ihn zu einem nationalen Symbol des Kampfs für die Legalisierung von Marihuana und die Wechselbeziehung von Musik und Politik machten. Dank der ‚Free John Now Rally’, einem großen, von John Lennon und Yoko Ono geleiteten Open Air am 10.12.1971, wurde Sinclair drei Tage später entlassen. Sinclair hatte großen Anteil an der Gründung der anarchistischen Untergrund-Zeitung Fifth Estate in Detroit. Heute schreibt er Gedichte, moderiert eine Radiosendung und veröffentlicht von Zeit zu Zeit Platten, auf denen er Oden an die Meister des alten Blues und Jazz singt. Er lebt in Detroit, New Orleans und Amsterdam – und bei Freunden, die eine Couch für ihn haben.
10.07.2009, Berlin. Trotz des gleichen Namens nicht zu verwechseln mit dem berühmten Geisterjäger aus ungezählten Groschenromanen: John Sinclair. Radikaler Anarchist und Befürworter weicher Drogen, Gründer der berüchtigten White Panther Party, Vermittler von Plattenverträgen für legendäre Rockbands wie MC5 und Iggy & The Stooges. Als er für den Besitz von zwei Gramm Marihuana zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, schrieb John Lennon einen Song, der ihn aus dem Gefängnis brachte. Heute lebt der selbsternannte Schüler des Blues zwischen Detroit, New Orleans und Amsterdam. Wir trafen John Sinclair zum Gespräch über den revolutionären Geist der Sechziger Jahre, seinen Hass auf die Popkultur, Barack Obama und die Vorzüge des digitalen Zeitalters.
Mr. Sinclair, Sie gründeten in den späten Sechziger Jahren die radikale Gruppierung White Panther Party. Wollten Sie damals die Revolution?
John Sinclair: Die White Panther Party sollte erst einmal die Black Panther Party unterstützen, es war unsere Art, Solidarität zu bekunden. Das besondere war, dass sie nicht allein von mir, sondern von den MC5 gegründet wurde, einer Rockgruppe, die ich damals managte. Es war die erste – und soweit ich informiert bin, einzige – radikale Partei, die jemals aus einer Rockband hervorgegangen ist. Das entsprach meiner Philosophie. Musik und Politik passen zueinander und man kann mit Musik auch gesellschaftlich etwas bewegen. Doch dann landete ich im Gefängnis.
Für den Besitz von zwei Gramm Marihuana erhielten Sie im Juli 1969 die Höchststrafe von zehn Jahren.
Das ganze Verfahren war eine Farce, man wollte ein Exempel an mir statuieren. Ein Warnschuss vor den Bug der radikalen Aktivisten und gegen die Flowerpower-Bewegung. Ohne meine Freunde aus Detroit und Musiker, die sich für meine Entlassung eingesetzt haben, hätte ich vielleicht sogar die ganzen zehn Jahre absitzen müssen. Dann kam aber die ganze „Free John Now Rally“ ins Rollen und das Konzert am 10. Dezember 1971 in Ann Arbor, Michigan, bei dem auch John Lennon und Yoko Ono aufgetreten sind. Dann schrieb Lennon den berühmten Song „John Sinclair“, der später auf seiner ’72er-LP „Sometime in New York City“ erschienen ist. Es war unglaublich. Kurz nach dem Konzert hat man mich entlassen.