Joana Mallwitz
„Dirigieren funktioniert nicht ohne Disziplin.“
Zur Person
Joana Mallwitz (geboren 1986 in Hildesheim) ist die Tochter einer Sozialpädagogin und eines Sonderpädagogen. Sie war drei, als ihre Mutter ihr das Klavierspiel nahebrachte, mit fünf kam Geige hinzu, mit 13 Jahren bestand sie die Aufnahmeprüfung für den ersten Jahrgang des Instituts zur Frühförderung musikalisch Hochbegabter (IFF) in Hannover. Ein Mitschüler: Pianist Igor Levit. Mit 19 ging sie nach Heidelberg, musste nach drei Monaten aus dem Stand die Puccini-Oper „Madama Butterfly“ dirigieren. 2014 wechselte sie als Chefdirigentin nach Erfurt. Vier Jahre später war das Staatstheater Nürnberg die nächste Station, wo sie bis heute als Generalmusikdirektorin für das Programm verantwortlich ist, dazu Oper und Ballett dirigiert. 2019 wählten sie die Kritiker der Zeitschrift „Opernwelt“ zur Dirigentin des Jahres. Im vergangenen Jahr dirigierte sie in Salzburg die Premierenserie von Mozarts „Così fan tutte“ mit den Wiener Philharmonikern. Joana Mallwitz ist mit dem Tenor Simon Bode verheiratet und lebt in Nürnberg.
20. April 2021, Nürnberg. Immanuel Klein, persönlicher Referent von Joana Mallwitz, Dirigentin und Generalmusikdirektorin des Nürnberger Staatstheaters, öffnet die Tür zum Parkett. Tausend Musikliebhaber könnten in diesem Saal sitzen, aber jetzt ist hier niemand, der Raum ist dunkel. Klein erzählt von der letzten Premiere vor 50 Zuschauern im Oktober vergangenen Jahres: Monteverdis Barockoper „Orfeo“, inszeniert von Intendant Jens-Daniel Herzog, dirigiert von Joana Mallwitz. Sie selbst wartet im lichten Direktorinnenzimmer im fünften Stock des Hauses, durch die Balkontür gleitet Frühlingsluft hinein. Mallwitz spricht von den vielen Eigenarten ihres Berufes, von kleinen Impulsen und der Magie des Loslassens.
Joana Mallwitz, welches Märchen empfanden Sie als Kind berührend?
Ich habe alle Märchen von Astrid Lindgren geliebt. (überlegt) Es gibt so ein paar, die so traurig sind und die ich trotzdem immer sehr gerne mochte, „Klingt meine Linde“ oder „Sonnenau“ zum Beispiel oder „Mio, mein Mio“.
Im Vergleich zu den Geschichten der Grimms sind Lindgren-Märchen heiterer.
Jein. „Klingt meine Linde“ ist eine recht traurige Geschichte über ein Waisenmädchen. Ihre Seele steckt in dem Baum, diese klingende Linde tönt und macht am Ende Musik. Wo Sie Grimms Märchen erwähnen: Ich habe als kleines Kind eine Kassette gehabt, mit „Dornröschen“ drauf, und die ging los mit einer Klaviermusik, die ich rauf und runter gehört habe. (singt die Melodie) Als kleines Kind habe ich nicht darüber nachgedacht. Jahrzehnte später, so mit 25, stand ich in der Küche – und plötzlich lief dieses Stück im Radio. Es war das „Andante Favori“ von Beethoven. Das war wie ein Schock. Ich war plötzlich wieder vier Jahre alt. (lacht)