
Joan Baez
„Ich war eine gewaltlose Kriegerin.“
Zur Person
Joan Baez (geboren am 9. Januar 1941 in Staten Island, New York) spielte ihre ersten Songs auf einer Ukulele, die ihr ein Freund ihres Vaters geschenkt hatte. Ihre Leidenschaft für Folk entfachte nach dem Besuch eines Konzerts von Pete Seeger, 1958 fand sie Anschluss an die Szene in Boston und Cambridge, Massachusetts. Der Durchbruch gelang ihr auf dem Newport Folk Festival 1959, ihre ersten Alben mit Folk-Standards wurden zu Bestsellern, sie spielte in Woodstock und wurde 2017 in die „Rock’n’Roll Hall of Fame“ aufgenommen. Schon zu Beginn verband Baez ihre Musikkarriere mit politischen Aktivitäten. So trat sie an der Seite von Dr. Martin Luther King bei Protesten der Bürgerrechtsbewegung auf. Ihre Protestaktionen gegen den Vietnamkrieg brachten sie zweimal für kurze Zeit in Gefängnis. In dieser Zeit lernte sie den Pazifisten David Harris kennen, die beiden heirateten und bekamen 1973 einen Sohn, Gabriel. Die Ehe scheiterte, wie auch eine kurze Beziehung mit Apple-Co-Gründer Steve Jobs. Heute lebt Joan Baez in Woodside, Kalifornien.
26.02.2018, Köln. 77 Jahre alt ist Joan Baez Anfang des Jahres geworden – man sieht es ihr nicht an. Der Gang ist federnd und flott, der Händedruck kräftig. Kaffee oder Tee braucht sie an diesem Nachmittag keinen mehr, ein Glas Wasser reicht, sie schüttet für sich und den Interviewer ein. Zu Beginn des Gesprächs blinzelt sie noch häufig, im Laufe der Zeit kommt immer häufiger ihr Humor durch: selbstironisch und bitterböse. Dazu passt ihre dreckige Lache, die überrascht, wenn man nur ihre Lieder kennt. Eine Stunde mit der „Queen of Folk“, die Protesthymnen sang und damit die Welt veränderte, Beziehungen mit Bob Dylan und Steve Jobs hatte, zweimal im Knast einsaß und in Hanoi oder Sarajevo den Bomben und Schüssen trotzte.
Mrs. Baez, es gibt eine alte Filmaufnahme von Ihnen aus den frühen 60er-Jahren, da definieren Sie sich selbst: „Erstens Mensch. Zweitens Pazifistin. Drittens Folk-Sängerin.“ Passt das noch?
Ja, passt. Nur auf die Rangfolge würde ich verzichten, heute zeichnen mich alle drei Dinge gleichberechtigt aus.
Was in dieser Aufzählung fehlt: Mutter.
Stimmt. (überlegt) Es wäre nicht richtig, meine Mutterrolle hervorzuheben. Dafür habe ich sie nicht gut genug ausgefüllt.