
Jane Goodall
„Ohne Hoffnung können wir gleich aufgeben.“
Zur Person
Jane Goodall wird am 3. April 1934 in London geboren und wächst in Bournemouth auf. 1957 reist die ausgebildete Sekretärin zum ersten Mal nach Afrika und wird Assistentin des Anthropologen Louis Leaky. Drei Jahre später beginnt sie ihre bahnbrechenden Studien der Schimpansen im Gombe-Stream-Nationalpark, die sie zum ersten Mal ausführlich in dem Werk „In The Shadow Of Man“ beschreibt. Obwohl sie keine akademische Ausbildung besitzt, promoviert Goodall ab 1962 an der Universität Cambridge. Nach dem Besuch einer Konferenz in Chicago 1986, wo Forschende aus aller Welt über die Bedrohung des Lebensraums der Schimpansen berichten, bricht sie ihre Feldstudien ab und beginnt, sich ganz dem Erhalt der Umwelt zu widmen. 1991 entsteht Goodalls Initiative „Roots & Shoots“ („Wurzeln & Sprösslinge“). Seit 2002 ist sie Friedensbotschafterin der Vereinten Nationen.
9. September 2021, Berlin. Die weltberühmte Verhaltensforscherin Jane Goodall sitzt vor der Bücherwand in ihrem Haus in Bournemouth in Südengland. Pandemiebedingt reist die UN-Friedensbotschafterin mittlerweile von hier aus digital um die Welt. Morgens Indien, jetzt Deutschland, am Nachmittag USA und abends noch ein Lokaltermin in Großbritannien. Die 87-Jährige hat eine klare Mission: Sie will mithelfen, unseren Planeten zu retten. Seit Jahrzehnten erzählt sie ihre Geschichte, wirbt für den Respekt vor der Natur, den Tieren und Menschen. Ihre Antworten klingen trotzdem nie routiniert. Auch über Skype übertragen sich Klugheit, Warmherzigkeit und die Fähigkeit, andere mitzunehmen.
Jane Goodall, was glauben Sie, wie wird unser Planet in 100 Jahren aussehen?
Das hängt ganz davon ab, wie wir jetzt handeln. Ich arbeite so hart ich kann dafür, dass wirklich alle verstehen: Wenn wir jetzt nicht gemeinsam etwas unternehmen, wenn es uns nicht gelingt, ein anderes Verhältnis zur Natur zu entwickeln, dann wird es in gar nicht so ferner Zukunft keine Menschen mehr auf diesem Planeten geben. Das ist eine Tatsache. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Deswegen verbringe ich mein ganzes Leben damit, Menschen wachzurütteln und zum Handeln zu bewegen. Jede und jeder Einzelne kann den Unterschied machen und etwas bewirken.
Wie bewahren Sie sich den Glauben daran, dass Veränderung möglich ist?
Das hat wohl mit der Zeit zu tun, in der ich aufgewachsen bin. Eine Zeit, als Ihr Land und meines einen schrecklichen Krieg ausgetragen haben. Es gab eine Phase, in der Großbritannien völlig isoliert war in Europa und der Macht von Nazideutschland ganz allein gegenüberstand. Die Lage war aussichtslos. Die Nazis hatten eine starke Luftwaffe, eine starke Marine, eine starke Armee. Und wir hatten buchstäblich nichts, weil Chamberlain keinen Krieg gewollt hatte. Es war Churchills Stimme, die den Briten Mut machte: Wir werden uns nicht besiegen lassen, wir werden die Nazis an unseren Stränden bekämpfen! Ich lebte schon damals an der Küste. Unsere Verteidigung bestand aus einem Zaun mit ein bisschen Stacheldraht umwickelt. Großartig, oder? Aber eine Zeit zu durchleben, die absolut hoffnungslos erschien und sich schließlich doch zum Guten gewendet hat – daraus habe ich diese positive Einstellung gewonnen, die ich mir auch bewahre, wenn Dinge unmöglich erscheinen.