Jakob Augstein
„Eine Revolution macht alles nur noch schlimmer.“
Zur Person
Thomas Jakob Augstein (geboren am 28. Juli 1967 in Hamburg) wuchs als Sohn der John-Updike-Übersetzerin Maria Carlsson und des Spiegel-Gründers Rudolf Augstein auf. Im November 2009 gab er bekannt, dass sein leiblicher Vater Martin Walser ist, einer der bekanntesten Schriftsteller Deutschlands. Er selbst erfuhr erst auf Nachfragen im Alter von 35 Jahren davon. Ein spätes Vater-Sohn-Gespräch wurde unter dem Buchtitel „Das Leben wortwörtlich“ veröffentlicht. Augstein studierte unter anderem Politikwissenschaft in Berlin und Paris. Von 1993 bis 2003 arbeitete er für die Süddeutsche Zeitung in München und Berlin und war später für die Wochenzeitung „Die Zeit“ tätig. Im Mai 2008 kaufte er die Wochenzeitung „Der Freitag“, die er seither verlegt; er gehört außerdem zur dreiköpfigen Chefredaktion. Unter anderem schrieb er die Spiegel-Kolumne „Im Zweifel links“ und traf sich über zehn Jahre lang, beginnend im Januar 2011, wöchentlich mit Nikolaus Blome für den TV-Sender Phoenix zum Schlagabtausch über ein kontroverses Polit-Thema. Jakob Augstein ist Vater dreier Kinder und lebt mit seiner Familie in Berlin – wenn er nicht gerade in Europa unterwegs ist.
22. August 2017, irgendwo in Frankreich. Jakob Augstein ist in den Ferien, für das Interview nimmt er sich am Telefon Zeit. Man kann ihn sich gut als entspannten Urlauber vorstellen, vielleicht am Meer, vielleicht unter einem Baum sitzend, den Blick auf unendliche Felder mit blühendem Lavendel. Keine Frage, Jakob Augstein hat Stil, als Journalist und Verleger ist er jedoch umstritten. Für viele verkörpert er den Salonsozialisten – einer von vielen Begriffen, mit denen er zunächst nicht viel anfangen kann. Erst am Ende des Gesprächs über Moral und Revolution, brennende Autos und Streberpetzen fühlt sich Jakob Augstein hörbar wohl. Und das ausgerechnet im Offizierskasino.
Herr Augstein, sind Sie ein Salonsozialist, ein Sozialkommunist?
Erklären Sie mir doch mal, was das bedeuten soll.
Da sitzt jemand in einem edlen Salon und geriert sich als links.
Okay. Ich würde mich eher als linken Sozialdemokraten bezeichnen. Ich glaube, dass sich die westdeutsche Gesellschaft nach dem Krieg durch den sozialen Ausgleich sehr gut entwickelt hat. Dazu gehörte, dass Leute, die mehr als andere besitzen, selber ein Interesse daran hatten, dass keine zu große soziale Ungleichheit entsteht. Der ungezügelte Kapitalismus erzeugt solche großen sozialen Ungleichheiten – und das führt zu einer Gesellschaft, in der ich einfach nicht gerne leben würde.