Irina  Liebmann

Irina Liebmann

„Wenn der Druck stärker wird, wird die Feindschaft gegenseitig.“

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  • Ursula Kelm
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Zur Person

15.05.2014, Berlin. Zu Besuch bei der Schriftstellerin Irina Liebmann in ihrer Wohnung in Mitte. Nicht weit von hier verlief die Mauer, die Erinnerungen an die Zeit des Kalten Krieges sind der Autorin sehr präsent. Das wird deutlich, sobald wir den Ukraine-Konflikt und die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen thematisieren. Ein Gespräch über das deutsch-russische Verhältnis, die Gefahr eines neuen Kalten Krieges, deutsche Geschichtsvergessenheit, die Wortwahl im aktuellen Konflikt und eigene verletzte Gefühle.

Frau Liebmann, Sie wurden in Moskau geboren und sind nach langer Zeit wieder nach Russland gereist. Ihre Erfahrungen haben Sie in der Erzählung „Drei Schritte nach Russland“ verarbeitet. Welche Eindrücke vom heutigen Russland haben Sie gewonnen?

Irina Liebmann: Ich bin schnell zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Land viel zu vielfältig ist, viel zu sehr im Fluss, als dass man darüber festgeklopfte Ansichten äußern könnte. Aber eines bekommt man sehr stark mit, wenn man in Russland ist: Die Russen fühlen sich als Bewohner eines souveränen Staates. Und das wollen sie auch bleiben.

Was war für Sie der Auslöser, nach 30 Jahren wieder hinzufahren?

Mir war aufgefallen, dass das neue Russland in Deutschland immerzu schlechte Presse hat. Und das habe ich gar nicht verstanden. Deshalb wollte ich mir ein eigenes Bild machen. Das kommt aus meiner Zeit in der DDR, wo in unseren Zeitungen unser eigenes Leben nicht wiederzuerkennen war, beziehungsweise nicht so, wie wir wünschten, dass es dargestellt wird. Damals hat mich schockiert, dass Menschen mir so viele Dinge erzählt haben, von denen ich noch nie gelesen hatte. Seitdem hatte ich den Drang, mir immer die Dinge selbst anzugucken. Das war in Russland genauso.

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