Ingrid Caven
„Wer sich immerzu als Opfer sieht, dem traue ich nicht.“
Zur Person
Ingrid Caven (geboren am 3.8.1938 in Saarbrücken) wurde als Schauspielerin in Filmen von Rainer Werner Fassbinder bekannt, mit dem sie Anfang der 70er-Jahre auch verheiratet war. Weiterhin arbeitete sie mit Regisseuren wie Werner Schroeter, Jean Eustache und Daniel Schmid, dessen „Paloma“ mit Caven als Nachtclubsängerin zu einem Kultfilm avancierte. 1970 erhielt sie den Deutschen Filmpreis als beste Darstellerin und 1981 das Filmband in Gold. Mit Liedkompositionen von Peer Raben zu Originalexten für sie geschrieben von Rainer Werner Fassbinder, Hans Magnus Enzensberger, Wolf Wondratschek und Jean-Jacques Schuhl feiert sie als Sängerin weithin Erfolge. Als einzige deutsche Interpretin erhielt sie die Orden „Chevalier des Arts et des Lettres“ und „Commandeur des Arts et des Lettres“. Sie lebt in Paris, ihr Lebenspartner Jean-Jacques Schuhl schrieb den mit dem Prix Goncourt ausgezeichneten Roman „Ingrid Caven“ über ihr Leben.
09. Februar 2019, Berlin. Ingrid Caven setzt sich ihre korallenrote Perücke auf. Hinter ihrer Sonnenbrille wähnt man ein verschmitztes Funkeln ihrer Augen. Keine Maskerade, sondern Inszenierung, oszillierend zwischen Kobold und Diva. Genießerisch schweift ihr Blick über die Speisekarte. Sie ist zunächst unschlüssig, imaginiert vielleicht die einzelnen Gerichte und erzählt von den Pilzen in ihrem letzten Film. Auch Giftpilze seien dabei gewesen und ein heulender Wolf natürlich. Sie macht das Heulen nach und lacht ein bisschen hexisch, als sich die Blicke dreier Männer vom Nebentisch auf sie richten.
Frau Caven, in „Suspiria“, einem Ihrer neuen Filme, spielen ausschließlich Frauen mit. Wie fühlte sich das für Sie an?
Meine erste Reaktion auf dem Set mit Blick auf die vielen Kolleginnen war: „Um Gottes willen, spielt ihr alle mit?“ (lacht). Wir waren dann aber ganz schnell mitten im Spiel. Frauen sind dazu fähig, ihren Ehrgeiz fallen zu lassen und Spaß miteinander zu haben. Sich zu kabbeln, kleine Spitzen loszulassen, ironisch zu sein: Diese Mischung ist bei Frauen unkriegerischer als bei Männern – bei aller Eifersucht, die natürlich auch vorkommt. Bei Männern gibt es die Spitzen eher hinter dem Rücken. Ich mache das ganz offen, wenn mir etwas nicht passt.
Die Frauen in diesem Horrorfilm regieren in einer Art bösem Matriarchat. Ist das Böse weiblich?
Puh, das klingt ja wie: „Ist Gott eine Frau?“ (überlegt) Der Mann, die Macht und die Frau ... Ich denke, es gibt das absolut Böse, aber nicht das einzig Gute. Jede Machtposition, egal ob sie von einem Mann oder einer Frau bekleidet wird, birgt zerstörerische Elemente in sich. Bei einer Frau mag das vielleicht versteckter sein. Ich habe mit Frauen Sachen erlebt, die ich als definitiv böse empfand. Wobei es heute sicherlich mutig ist, in „Suspiria“ Mütter zu zeigen, die Macht ergreifen wollen und dabei zerstörerisch vorgehen.