Ines Geipel

Ines Geipel

„Ich glaube an das Konstruktive des Schmerzes.“

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  • Karen Weinert
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Zur Person

05.03.2014, Berlin. Ines Geipel, Ex-Profisportlerin der DDR und nun Schriftstellerin und Professorin an der „Ernst Busch“-Schule in Berlin, hat ein Buch über die „Generation Mauer“ geschrieben, die heutigen 45- bis 55-Jährigen aus der ehemaligen DDR. Darin erzählt sie aus der Ich-Perspektive auch ihre eigene Geschichte, ebenso detailreich wie unverblümt. Angesichts dieser Offenheit wirkt sie fast ein bisschen schüchtern, als sie über die Straße gelaufen kommt, wo man sich vor einem Café in Schöneberg verabredet hat. Ines Geipel bestellt ein Stück Kuchen, das sie während des Gesprächs langsam, fast zögerlich verspeist. Genauso stockend ist ihre Sprache. Zwar wählt sie ihre Wörter mit Bedacht, spricht eindringlich, aber man weiß auch was sie meint, wenn sie über die "Stottergeneration" spricht. Ein Gespräch über die gebrochene Generation der Mauerkinder, eigenen Schmerz, ihr Schreiben gegen die Verklärung und eine makabere Erinnerungsscham in Ost und West.

Frau Geipel, würden Sie sagen, dass „Generation Mauer“ Ihr bislang persönlichstes Buch ist?

Ines Geipel: Ja, ich dachte, es ist an der Zeit. Und ich suchte für den Text eine die vielen Geschichten verbindende Stimme. Da ich selbst Teil dieser Generation bin, war es naheliegend, eine Ich-Erzählerin einzuführen. Sie ist keine Heldin, eher ein trotziges Ich, das trotz der Rückschläge immer weiter geht.

Der Mauerfall jährt sich 2014 zum 25. Mal. Brauchte es diese Zeit, um über solch harte Erfahrungen wie den Selbstmord des Freundes oder den Missbrauch durch den Vater so persönlich überhaupt schreiben zu können?

Ich denke schon. Dazu hätte ich vor 15 Jahren nicht den Mut gehabt. Dass ich mir mit meinen Büchern kontinuierlich eine Stimme erarbeitet habe, empfinde ich als ganz gesund. Denn ich habe ja auch wirklich in Auseinandersetzungen gesteckt und Runde für Runde verschiedene Themen abgearbeitet: Die unveröffentlichte Literatur, die Nachlandschaft der DDR unter anderem mit dem Amoklauf in Erfurt. Ich habe mich also nicht weggeduckt vor den Wunden. Dabei empfinde ich es als unglaublich luxuriös, als Schriftstellerin nicht Partei sein zu müssen, sondern durch die Bücher etwas in die Gesellschaft zerren zu können, das lieber außen vor bleiben soll.

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