Ilija Trojanow
„Die Sehnsucht nach Heimat ist eine Fiktion.“
Zur Person
Ilija Trojanow (geboren am 23. August 1965 in Sofia/Bulgarien) kam 1971 nach Deutschland. Kurze Zeit später zog die Familie nach Kenia weiter, dort verbrachte der Schriftsteller seine Jugendjahre in einem Internat in Nairobi, unterbrochen von einem zweiten Deutschlandaufenthalt von 1977 bis 1981. Gemäß dieser frühen Prägung ist Ilija Trojanow Reisender geblieben. Er verbrachte jeweils mehrere Jahre in Mumbai (Indien) und Kapstadt (Südafrika). Der vielfach prämierte Autor hat mehrere Reiseromane („Der Weltensammler“) geschrieben und sich mit politischen Beiträgen (unter anderem mit der Schriftstellerkollegin Juli Zeh: „Angriff auf die Freiheit“) positioniert, zudem eine Reihe von Büchern und Essays zu Flucht und Migrationserfahrungen („Nach der Flucht“) publiziert. Literarisch hat er dem Sport mit seinem Werk „Meine Olympiade“ gehuldigt. Darin beschreibt er seinen vier Jahre dauernden Selbstversuch, bei dem er alle 80 olympischen Disziplinen ausprobierte. Ilija Trojanow ist verheiratet und lebt in Wien, wenn er nicht gerade woanders in der Welt unterwegs ist.
06.07.2006, München. Trotz großer Hitze will Ilija Trojanow nur eines: raus an die frische Luft. Der Autor des Buches „Der Weltensammler“ sowie einer „Gebrauchsanweisung über Indien“ ist ein Globetrotter und exzellenter Beobachter und schlägt vor, während des Gesprächs spazieren zu gehen.
Herr Trojanow, Sie haben in Bulgarien gelebt, in Deutschland, in Indien und leben jetzt in Afrika. Wie riecht für Sie die Heimat?
Ilija Trojanow: Beim Geruch der Savanne, den ich vernehme, wenn ich in Nairobi aus dem Flugzeug steige, habe ich ein ganz starkes Gefühl von Angekommensein. In der Kindheit prägte der Geruch von gegrillter Paprika mein Heimatbild. In Bulgarien, wo ich aufgewachsen bin, werden die Schoten gegrillt, bis die Haut schwarz ist. Alle Straßen sind nach der Erntezeit von diesem leicht verbrannten Geruch durchdrungen. (überlegt) Auch das Parfüm der Frauen, in die ich mal verliebt war, vermittelt mir ein Heimatgefühl. Ich kann mich nicht immer an jeden Duft erinnern, aber manchmal rieche ich ein Parfüm und weiß: Dieser Duft gehörte zu einer Frau, die mir mal sehr nahe gestanden hat.
Wenn Sie sich nicht an jeden Duft erinnern können, müssen es wohl viele Frauen gewesen sein?
(lacht) Kein Kommentar.