Hans-Olaf Henkel
„Größe ist weder in der Wirtschaft noch in einer Gesellschaft ein Selbstzweck.“
Zur Person
Hans-Olaf Henkel, geboren am 14.03.1940 in Hamburg, ist ein bedeutender Zeitzeuge, Industriemanager, Verbandsfunktionär und Publizist. Nach einer bewegten Schullaufbahn auf 14 verschiedenen Schulen absolvierte er eine Lehre zum Speditionskaufmann und belegte Kurse in Betriebs- und Volkswirtschaft sowie Soziologie. Ab 1962 war er über dreißig Jahre Manager bei IBM – bis hin zum Vorsitzenden der Geschäftsführung und der Position des Europa-Chefs. Anschließend fungierte er als Präsident des BDI und der Leibniz-Gemeinschaft. Henkel war bis 2013 Mitglied der Aufsichtsräte zahlreicher Unternehmen, darunter Bayer, Continental, Daimler Luft- und Raumfahrt oder Ringier. Diese Mandate gab er zugunsten einer politischen Laufbahn ab: Seit März 2014 ist er stellvertretender Sprecher der AfD. Henkel schrieb zwischen 2001 und 2013 acht Sachbücher zu Wirtschafts-, Gesellschafts- und politischen Themen und ist Honorarprofessor an der Universität Mannheim. Weniger bekannt ist Henkels Engagement für Menschenrechte, seine Liebe zur chinesischen Kunst und zur Jazzmusik. Hans-Olaf Henkel ist seit 2005 in zweiter Ehe verheiratet und Vater von vier Kindern.
11.05.2014, Berlin. Hans-Olaf Henkel tourt durch Deutschland und nimmt sich Zeit für unser Gespräch. Konzentrierte Strenge mit viel Wohlwollen: Das ist es, was er mit seiner Haltung vermittelt. Bisweilen blitzt der provokative Geist durch. Als Spitzenkandidat der Alternative für Deutschland setzt er sich für ein global wettbewerbsfähiges Europa ein. Seine Überzeugung: Ein Europa mit der aktuellen Euro-Sichtweise kann nicht funktionieren.
Professor Henkel, was passiert wirklich in Europa, warum ist von der ursprünglichen europäischen Idee kaum noch etwas zu spüren? Was läuft schief?
Hans-Olaf Henkel: In Wirklichkeit geht es um die Einführung des Euro – um ihn zu retten, muss ganz Europa umgebaut werden. Man macht aus einem subsidiären Europa, in dem die Verantwortung nah am Bürger ist, ein zentralistisches Europa. Man macht aus einem Europa des Wettbewerbs untereinander jetzt ein Europa der sozialen Harmonisierung. Man macht aus einem Europa der Eigenverantwortung der Länder eine europäische Schuldenunion. Das läuft schief.
Als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie waren Sie Euro-Befürworter, haben an Europa geglaubt. Was hat sich mittlerweile geändert?
Selbstverständlich bin ich immer noch für ein Europa der Vielfalt und nicht der Einfalt. Und ich bin für ein Europa souveräner Staaten und nicht für die Vereinigten Staaten von Europa. Wenn die Politiker sich an die Versprechen gehalten hätten, die sie damals bei der Aufgabe der D-Mark gegeben haben, dann wäre ich heute immer noch für den Euro. Aber sie haben alle Versprechen gebrochen.