
Hadija Haruna-Oelker
„Ohne Inklusion keine Demokratie.“
Zur Person
Hadija Haruna-Oelker (geboren 1980) wuchs als Tochter einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters in Frankfurt am Main auf. Seit 2008 ist sie als freie Journalistin für den Hessischen Rundfunk tätig, unter anderem für die Hintergrundsendung „Der Tag“. Außerdem arbeitet sie als Moderatorin und ist Kolumnistin der Frankfurter Rundschau, mit dem Autor Max Czollek hostet sie den Podcast „Trauer und Turnschuh“. Haruna-Oelker ist Mitglied der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) und von Neue deutsche Medienmacher*innen (NdM). 2022 erschien ihr erstes Buch „Die Schönheit der Differenz. Miteinander anders denken“, das im selben Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde. 2024 veröffentlichte sie ihr persönliches Sachbuch „Zusammensein – Plädoyer für eine Gesellschaft der Gegenseitigkeit“. Im Oktober 2025 erscheint ihr gemeinsames Buch mit Max Czollek „Alles auf Anfang - auf der Suche nach einer neuen Erinnerungskultur". Seit 2016 ist sie Mutter eines behinderten Kindes. Sie lebt mit ihrer Familie in Frankfurt.
1. April 2025, Frankfurt am Main. Ihr Terminkalender ist voll: „Hadija Haruna-Oelker ist derzeit beruflich ausgelastet. Spontane Anfragen sind ihr leider nicht möglich.“ So heißt es in der automatischen Mail auf unsere Anfrage. Doch für GALORE nimmt sich die Frankfurter Autorin und Journalistin dann doch recht spontan Zeit. Hadija Haruna-Oelker spricht pointiert und schnell, seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit Diskriminierung und Diversität – Themen, die aktuell mehr denn je Streit auslösen. Wie blickt sie auf den gesellschaftlichen Backlash? Wie kann ein gutes Zusammenleben dennoch gelingen? Und warum profitieren wir alle davon?
Hadija Haruna-Oelker, als Journalistin und Autorin beschäftigen Sie sich seit über zwei Jahrzehnten mit Diskriminierung und Ausgrenzung. Was hat sich seither zum Positiven verändert?
Das ist schwierig zu beantworten, weil sich die Dinge aktuell eher zum Schlechteren bewegen. Aber natürlich gibt es Fortschritte. Dass wir überhaupt dieses Interview führen. Dass es marginalisierte Stimmen in bestimmte Strukturen geschafft haben. Oder dass wir über Unterschiede, Rassismus und Diversität sprechen. Diese Errungenschaften gehen auf die Arbeit sozialer Bewegungen zurück. Allerdings muss man auch festhalten, dass die Hauptebene der Veränderung, zumindest in Deutschland, bisher eher das Bewusstsein war.
Was muss sich außerdem ändern?
Die Struktur. Es sind beispielsweise die Abläufe in Institutionen oder Gesetze, die fehlen. Blicken wir auf Verwaltungen oder Behörden wie die Polizei: An vielen Orten gab es trotz großer Kritik nur kleine Veränderungen. Wenn man sich etwa den Ort Schule anschaut, dann gibt es dort heute zwar viel mehr Lehrkräfte mit einer machtkritischen Haltung. Was aber weiterhin fehlt, ist eine flächendeckende, rassismus- oder ableismuskritische Didaktik. Gerade wenn man den Bogen weiterspannt und erkennt, dass marginalisierte Gruppen in der Geschichte immer wieder unterdrückt wurden, beispielsweise mit Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus, wird deutlich, dass der Einsatz für ihr Überleben die Messlatte ist. Aufgrund dieser Vergangenheit sind die Menschenrechte entstanden und unsere Form der Demokratie. Das ist eine Errungenschaft, doch muss jetzt um ihren Erhalt gekämpft werden.