Giovanni di Lorenzo
„Ich spiele keine Rollen mehr.“
Zur Person
Giovanni di Lorenzo (geboren am 9. März 1959 in Stockholm als Sohn einer Deutschen und eines Italieners) verbrachte seine Kindheit zunächst in Rom und Rimini. Im Alter von elf Jahren zog er mit seiner Mutter nach Hannover, wo er nach dem Abitur erste journalistische Erfahrungen bei der Neuen Presse sammelte. 1981 trat er ein Studium der Kommunikationswissenschaft, Politologie und Neueren Geschichte in München an. Ab 1987 gehörte er der Redaktion der Süddeutschen Zeitung an und machte dort schnell Karriere. 1999 wechselte er als Chefredakteur zum Berliner Tagesspiegel, 2004 übernahm er den gleichen Posten bei der Wochenzeitung „Die Zeit“, den er bis heute innehat. Auch seine TV-Karriere begann früh: Bereits 1984 gehörte er zum Moderatorenteam der Jugendsendung „Live aus dem Alabama“, seit Ende 1989 moderiert er die monatliche Talkshow „3nach9“ von Radio Bremen. Di Lorenzo hat darüber hinaus mehrere Bestseller veröffentlicht, darunter den Interviewband „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt“; gerade erschienen ist eine aktualisierte Ausgabe eines Buches, das er mit Roberto Saviano geschrieben hat: „Erklär mir Italien – Wie kann man ein Land lieben, das einen zur Verzweiflung treibt?“. Er lebt in Hamburg.
01.03.2019, Hamburg. Giovanni di Lorenzo empfängt uns in seinem Büro in der „Zeit“-Redaktion, wir treffen den Chefredakteur zum entspanntesten Zeitpunkt seiner Arbeitswoche: Freitagnachmittag. Und tatsächlich erweist sich der hochbeschäftigte Blattmacher und Journalist als überaus gelassen, spricht freimütig über Fehler und Irrwege, kommentiert druckreif wichtige aktuelle Vorgänge in der deutschen Gesellschaft und Presselandschaft. Ein Gespräch, das so manche Überraschung offenbart – wie etwa sein notorisches Hadern mit der eigenen Arbeit und ein Treffen zweier Chefredakteure auf der Toilette.
Herr di Lorenzo, Sie sind als Journalist erfolgreich, treten dennoch sehr leise auf. Wie gelingt Ihnen das?
Darauf zu antworten, ist für mich schwierig, weil ich mich sofort von dem Adjektiv „erfolgreich“ distanzieren muss.
Ich könnte jetzt viele Ihrer Erfolge aufzählen, frage aber lieber: Warum wollen Sie sich davon distanzieren?
Ich tue mich mit der positiven Bewertung meiner Arbeit grundsätzlich schwer. Ich sehe selten, dass etwas funktioniert und auch gut ist, dafür sehr häufig, wenn etwas nicht gelingt – beziehungsweise wenn die Dinge hätten besser laufen können. Nun könnten Sie einwenden, dass ich langsam alt genug bin, um mich dieser masochistischen Einstellung zu entziehen, aber das fällt mir schwer.