
Gerhard Polt
„Wenn jemand einen Christbaum kauft und der nach ein paar Tagen nadelt, finde ich das wunderbar.“
Zur Person
Gerhard Polt (geboren am 7. Mai 1942 als Protestant in München, zum Katholiken geformt im urkatholischen Altötting) studierte zunächst in Göteborg und München Skandinavistik, entschied sich für eine Karriere als Humorist und schlüpft seit 1975 auf Bühnen in unzählige Rollen: Metzger, Hausmeister, Fremdenführer, Beamter, Intellektueller, Fischereivereinschef, Neureicher, Gastronom – Polt bietet ein lustiges, fein ausgearbeitetes Panoptikum der deutschen Gesellschaft, inklusive üppiger Portionen an Selbstgerechtigkeit, Bösartigkeit und Borniertheit. Kinofilme („Man spricht deutsh“ (sic!), „Kehraus“) und Fernsehserien („Fast wia im richtigen Leben“) hat er auch gemacht, ebenso einige Bücher geschrieben. Am liebsten aber tritt Polt, der am Schliersee lebt, live auf. Was er ab diesem Sommer auch wieder tut, zusammen mit den Well-Brüdern, mit denen Polt eine lange Freundschaft verbindet.
27.10.2005, Essen. Für manche ist er Zyniker, für manche Moralist. In der menschenleeren Bar des Hotels Mövenpick zeigt sich Gerhard Polt als eleganter Anarchist und Zivilisationskritiker – inklusive Charme und großer Seelenruhe.
Herr Polt, eine deutsche Rockband schrieb einmal: „Nur fair, dass ich es erwähne, das ist kein Lächeln, das sind gefletschte Zähne.“ Trifft das auf Ihre Arbeit zu?
Gerhard Polt: Nein.
Trotzdem bekommt man den Eindruck, dass Sie einen recht bitteren, bösen Humor besitzen.
Die Frage, warum jemand lacht, ist schwer zu beantworten. Für meine Person würde ich sagen: Wenn jemand über eine Geschichte nicht lachen kann oder sie als grausam empfindet, habe ich damit kein Problem. Sie können im Emotionsspektrum ohnehin nur vom Lachen ins Weinen gehen und das oszilliert je nach Lage. Ich schreibe aber nicht nur, weil ich Wut habe. Kennen Sie das Buch „Der Witz in Auschwitz“? Das ist eine Dokumentation über die Witze, die Kalauer und den Umgang mit dem Makabren, das die Häftlinge ins Lächerliche gezogen haben, um sich emotional aus ihrer Situation zu retten. Gehen Sie in ein Krankenhaus, und Sie finden dort lächerlichste, absurdeste Sachen, von denen sie eine Sekunde später sagen, dass die doch nicht zum Lachen waren. Aber vorher haben Sie gelacht. Gott sei Dank, denn es ist toll, dass wir das Instrument des Lachens zur Verfügung haben. Andernfalls wären wir echt arme Hunde. Hat nicht sogar Aristoteles gesagt: „Der Mensch ist ein Tier, das lachen kann?“