Georg Stefan Troller

Georg Stefan Troller

„Man filmt die Dinge weg, die man nicht ertragen kann.“

Autor/in
Fotos
  • Daniel Feistenauer
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Zur Person

05. Februar 2020, Paris. Das 7. Arrondissement bietet alles, was der Besucher von Paris erwartet: den Eiffelturm, breite Trottoirs, herrschaftliche Häuser, die berühmten Metro-Eingänge, Stadtpaläste, unzählige Restaurants und Cafés. In einer Seitenstraße findet sich ein typisch großbürgerlicher Eingang zu einem Wohnhaus. Der Fahrstuhl ist allerdings so klein, dass Autor und Fotograf sehr eng zusammenstehen müssen. Der legendäre Filmemacher und Personenbeschreiber Georg Stefan Troller lebt hier seit 1949, mit seinen 98 Jahren ist er ein wahrer Jahrhundertmensch. Mit einem verschmitzten, beinahe jugendlichen Lächeln werden wir von ihm hineingebeten. Augenblicklich ist man gebannt von dieser Wohnung, mit ihren Hunderten Büchern, Fotos und Geschichten.

Herr Troller, an was haben Sie heute Morgen kurz nach dem Aufwachen gedacht?

Eigentlich habe ich nur versucht, noch einmal einzuschlafen. Ich bin sehr früh aufgewacht und habe mich kurz geärgert, dass ich ein Interview für heute angesetzt habe, wo ich doch so viele andere Dinge zu machen habe. Interviews haben früher – wenn sie gut waren, was aber selten der Fall war – dazu geführt, dass man sich selber Fragen gestellt hat. Mehr und mehr werden Interviews heute dazu benutzt, einfach nur mein Leben zu rekapitulieren. Einmal wurde ich zum Beispiel von einem Sender gefragt: „Herr Troller, Sie sind Sohn eines Pelzhändlers aus Wien. Erinnern Sie sich noch an Ihren Vater?“ Ich war 50, als mein Vater starb. „Erinnern Sie sich noch an Ihren Vater?“ Zweite Frage: „Sie sind mit 16 Jahren immigriert. Erinnern Sie sich noch an die Immigration?“ Mit solchen Fragen wird man also konfrontiert, und dann geht man natürlich in die Luft. Ich habe denen dann auch gesagt, das sei das blödeste Interview gewesen, das man je mit mir geführt hat.

Was hat Sie davor geschützt, selbst solche Fragen zu stellen?

Ich konnte an den Gesichtern der Leute, die ich interviewte, ablesen, ob ich richtig lag oder nicht. Ob ich also Dinge fragte, die eigentlich jedes Mal gefragt worden sind. Wie bei Brigitte Bardot: Die hat mir ein auswendig gelerntes Interview gegeben, was aber an meinen Fragen lag, die sie schon sehr häufig beantwortet hatte.

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