Friederike Kempter
„Für ein Gefühl muss sich niemand entschuldigen.“
Zur Person
Friederike Kempter, geboren 1979 in Freudental nahe Stuttgart, wuchs mit ihrer Schwester auf dem Land im Schwäbischen auf. Manchmal spielte sie den Clown, war aber meistens ein ernstes Kind, das gerne den Dingen auf den Grund ging. Um Geschichte zu studieren, zog sie in die große Stadt, die sie schon als Teenagerin in den Bann gezogen hatte, nach Berlin. Dort packte sie schnell eine andere Leidenschaft: Noch im Jahr ihres Umzugs spielte sie in dem Film „Zwei vom Blitz getroffen“ an der Seite von MarielleMillowitsch. Das geplante Studium war schnell Geschichte, stattdessen konzentrierte sie sich auf ihre Schauspielkarriere. Achtzehn Jahre lang spielte sie im Münsteraner Tatort an der Seite von Axel Prahl und Jan Josef Liefers mit. Bekannt ist sie unter anderem auch aus Comedy-Serien wie „Ladykracher“ und aus Krimis wie „Heiter bis tödlich“. Bei den Dreharbeiten für den Kinofilm „Oh Boy“ lernte sie ihren späteren Lebensgefährten kennen, den Regisseur Jan-Ole Gerster. Die beiden leben in Berlin-Mitte und haben zwei gemeinsame Töchter.
27. April 2023, Berlin. Friederike Kempter ist sich nicht sicher, ob sie genug Konzentration hat für unser Gespräch. Es ist Vormittag, sie ist müde. Was daran liegt, dass ihre beiden Töchter eine andere Vorstellung von Schlaf haben als sie. Auch das gehört zum Muttersein, von dem im Interview viel die Rede sein wird. Die Schauspielerin scheut sich dabei nicht, auch über die Schattenseiten zu sprechen. Die brutalste Erfahrung sei gewesen, einen Körper zu haben, der einem plötzlich nicht mehr selbst gehört. Ihn nach den Geburten wieder vor der Kamera zu präsentieren, fiel ihr nicht leicht. Die Welt dreht sich trotzdem weiter, aber wenn es nach Friederike Kempter geht, viel zu schnell. Auf fliegende Taxis und Sex mit Robotern kann sie verzichten. Aber nicht auf die Linde, die vor dem Fenster gerade Grün um Grün austreibt und die sie Tag für Tag mit ihren Töchtern bestaunt.
Friederike Kempter, was spricht für die große Liebe?
Vielleicht gar nicht so viel, wie ich einmal dachte. (lacht) Die sogenannte große Liebe ist ein Konstrukt, das auch viel Leid hervorbringen kann. Man macht sich ein großes, ein übergroßes Bild, das mit der Realität nichts zu tun hat und das der Mensch, den man zu lieben glaubt, schlichtweg nicht erfüllen kann. Ich kenne das, ich war in meiner Teenager-Zeit anfällig dafür, einem solchen Ideal hinterherzurennen. Und musste die Erfahrung machen, dass von der Liebe, die ich als so wahnsinnig groß empfunden hatte, nicht mehr viel übrig geblieben war. Inzwischen weiß ich, dass ein pragmatischer Blick auf die Liebe hilfreicher ist. Auch wenn ich eine durchaus romantische Seite habe, die die Idee der großen Liebe immer noch schön findet.
In der Weltliteratur ist oft zum Tode verurteilt, wer wagt, der Liebe zu folgen, man denke an Pyramus und Thisbe oder an Romeo und Julia. Was sagt uns das?
Im Anfangsstadium der Verliebtheit denkt man jedes Mal: Ich werde es damit aufnehmen, auch wenn der Tod auf mich wartet. Diese Liebe muss gelebt werden. Und da werfe ich mein ganzes Herz hinein, meine Seele und mein Hirn vielleicht auch noch. Diese Absolutheit finde ich richtig. Man sollte nicht mit angezogener Handbremse in so eine Liebe gehen. Erst mal muss der große Überschwang da sein, und dann kann man nur hoffen, dass es gut ausgeht. Würde man es nicht wagen, wäre das eine ungelebte Liebe. Und das wäre ja feige.