
Fran Healy
„Ich bin jemand, der Traurigkeit sehr unmittelbar erlebt.“
Zur Person
Francis „Fran“ Healy (geboren am 23.07.1973 in Stafford in England) wuchs nach der Trennung der Eltern in deren Heimatstadt Glasgow an der Seite seiner Mutter und Großmutter auf. Sein Gesangstalent wurde früh entdeckt, ernsthaftes Interesse an der Musik erwuchs bei ihm aber erst im Teenageralter. Mit 18 stieg er als Sänger bei der schottischen Band Glass Onions ein, die nach der Trennung von drei Musikern zum Quartett schrumpfte und sich Travis nannte. Auf einen ersten Achtungserfolg mit ihrem Debütalbum erfolgte mit dem zweiten Werk „The Man Who“ der weltweite Durchbruch. Mit rund sieben Millionen verkauften Alben zählen Travis heute zu den erfolgreichsten schottischen Bands der Popgeschichte. Healy ist seit 1996 mit der deutschen Fotografin Nora Kryst liiert, der gemeinsame Sohn Clay kam 2006 auf die Welt. Nach einem Jahrzehnt in Berlin lebt die Familie seit 2018 in Los Angeles.
04. September 2020. In Los Angeles ist es neun Uhr morgens, als Fran Healy den Skype-Anruf entgegennimmt – aufmerksam guckt der Sänger der schottischen Band Travis durch seine großen runden Brillengläser, ein Gähnen kann er sich aber mehrfach kaum verkneifen. Wir sprechen über einsame Orte und gigantische Städte, schottische Frauen und deutsche Teenager, die Bedeutung von Traurigkeit und sein schräges Interesse an „gesellschaftlichem Katastrophentourismus“, der jedoch an die Grenze geführt wird, sollte Trump tatsächlich wiedergewählt werden.
Mr. Healy, hat sich Ihr Verhältnis zur Traurigkeit in den vergangenen 20 Jahren geändert?
(grinst) Erste Frage – und man merkt auf der Stelle: Ich spreche mit einem deutschen Journalisten.
Woran?
In jedem anderen Land käme zum Einstieg irgendwas Unverfängliches. Bei euch Deutschen geht’s sofort zur Sache und in die Tiefe, mit einer Frage, über die man problemlos zehn Therapiesitzungen lang reflektieren könnte. Das Problem ist nur, dass ich auf Ihre Frage keine valide Antwort habe, weil ich darüber bislang noch nie nachgedacht habe. Darf ich Sie fragen, wie Sie auf diese Frage kamen?