Felix Klieser
„Ich liebe das Leben zu sehr, um es den Umständen zu überlassen.“
Zur Person
Felix Klieser wurde 1991 in Göttingen geboren. Mit fünf Jahren erhielt er den ersten Hornunterricht. Da er ohne Arme zur Welt gekommen war, lernte er, die Ventile mit den Zehen des linken Fußes zu bedienen. Mit 13 Jahren wurde er Jungstudent an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Sein 2013 erschienenes Debütalbum „Reveries“ mit Werken für Horn und Klavier wurde mit dem Echo Klassik ausgezeichnet. Obwohl er seine Tätigkeit als Lehrer einer Hornklasse an der Musikhochschule Münster kürzlich aufgab, gibt er sein Wissen immer noch in Form von Meisterkursen weiter. Als Solist ist er auf den großen Bühnen rund um den Globus unterwegs. So spielte er beispielsweise gemeinsam mit dem Royal Philharmonic Orchestra in London, in der Berliner Philharmonie unter der Leitung von Sir Simon Rattle und konzertierte mit Sting auf dessen Welttournee.
15. Juli 2024, Meerbusch. Wir treffen Felix Klieser im Garten eines kleinen Cafés. Ob er einen Strohhalm brauche, fragt die Bedienung, als sie Wasser und Espresso serviert. Er lehnt höflich ab und klemmt das Wasserglas zum Trinken ganz selbstverständlich zwischen die Zehen. Der Horn-Solist kam ohne Arme auf die Welt. Dass er ein ganz normales Leben führe, das glaubten die Leute ihm häufig nicht. Warum Talent keine allzu wichtige Rolle spielt, man Fehler nicht zu negativ sehen sollte und wieso Inklusion eigentlich der falsche Ansatz ist, erzählt der 33-Jährige in einem lockeren Gespräch, das viele neue Blickwinkel eröffnet.
Felix Klieser, glauben Sie an Schicksal?
Da stellt sich zunächst die Frage, wie man Schicksal definiert. Für viele ist Schicksal etwas, worauf sie keinen Einfluss haben. Wäre XY nicht passiert, dann wäre alles gut. So werden Zufälle zu Schicksalen. Ich versuche, so etwas nicht zu werten. Was brutal schwierig ist.
Würden Sie das Horn als Ihr Schicksal bezeichnen?
Ich weiß nicht, ob Schicksal hier das richtige Wort ist. In meinem Leben begeistern mich immer wieder Dinge, in die ich mich dann mit viel Faszination stürze. So war es auch mit dem Horn. Hätte mich das Instrument nicht so gefesselt, hätte ich den Weg nicht in dieser Weise verfolgt. Ich habe nichts in meinem Leben geplant, sondern schlichtweg die Dinge weiterverfolgt, die mich begeistert haben. Der Rest entwickelte sich von allein.