Fatih Akin
„Meine Herkunft unterscheidet mich von den meisten deutschen Filmemachern.“
Zur Person
Fatih Akin (geboren am 25. August 1973 in Hamburg) verbrachte als Sohn türkischer Einwanderer seine Kindheit und Jugend auf den Straßen von Hamburg- Altona, das damals noch ein sozialer Brennpunkt war. Schon in der Schulzeit schrieb er Kurzgeschichten und Drehbücher, experimentierte mit einer Super- 8-Kamera. Während seines Studiums der Visuellen Kommunikation an der HfbK in Hamburg drehte er erste Kurzfilme und arbeitete als Schauspieler und Autor. Seinen ersten Spielfilm „Kurz und schmerzlos“ vollendete er noch während des Studiums; mit „Im Juli“ (2000) und „Solino“ (2002) folgten zwei Spielfilme mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle. Für „Gegen die Wand“ erhielt er zahlreiche Preise, darunter einen Goldenen Bären und den Europäischen Filmpreis. Mit „Aus dem Nichts„ (2018) machte er sich auch in den USA einen Namen: Der Film erhielt unter anderem einen Golden Globe. Akin blickt auf ein weitverzweigtes Werk, drehte Dramen, Thriller, Romanverfilmungen und mit „Soul Kitchen“ auch eine Komödie, zudem Dokumentarfilme, Musikvideos sowie ein „MTV Unplugged“ für Marius Müller-Westernhagen. Er lebt mit seiner Frau Monique und den zwei gemeinsamen Kindern in Hamburg-Ottensen.
27. Februar 2023, Hamburg. Nach einer krankheitsbedingten Verschiebung des ursprünglich angedachten Termins sitzt Fatih Akin beim zweiten Anlauf per Videocall montags um zehn zu Hause vor einem mächtigen Bücherregal und lauscht den Fragen. Jene drehen sich, analog zu seinem aktuellen Film „Rheingold“, um das Leben des Gangster-Rappers Xatar, um soziale Brennpunkte, Authentizität im Gangster-Rap-Milieu und die fehlende Chancengleichheit in der deutschen Gesellschaft. Akin spricht bedächtig und sucht manchmal nach dem passenden Begriff, korrigiert sich zuweilen auch selber, wenn er meint, einen noch besseren gefunden zu haben. Dabei blickt er einem durch den Bildschirm direkt in die Augen oder wiederkehrend in eine bestimmte Zimmerecke.
Fatih Akin, Sie waren während der diesjährigen Berlinale krank. Hat Sie das froh oder traurig gestimmt?
Ich kam da gerade aus Los Angeles, bin am Donnerstag vor der Berlinale gelandet und gleich am nächsten Tag nach Berlin gefahren, um bei der Vergabe des Goldenen Bären an Steven Spielberg für sein Lebenswerk dabei zu sein. Aber dann wurde ich krank – und das hat mich geärgert. Bei der Spielberg-Ehrung wäre ich gern gewesen. Wenn der schon mal in Berlin ist und damit gleich um die Ecke, ist das ein Ereignis, das man sich nicht entgehen lassen möchte.
Trotz der Erkältung haben Sie sich zu einigen Berlinale-Empfängen geschleppt. Ist das der Teil, der sich am meisten nach Arbeit anfühlt?
Das bringt es genau auf den Punkt. Klar, es macht auch Spaß, Bekannte zu treffen, und ich bin generell auch ein sehr neugieriger Mensch…