Elke Schilling

Elke Schilling

„Endlich wird über Einsamkeit im Alter diskutiert.“

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06. Mai 2020, Berlin. Das Gespräch mit Elke Schilling findet telefonisch statt, für die Gründerin des Vereins Silbernetz e.V. ist der Apparat das tägliche Arbeitsgerät. Die Initiative bietet ein Sorgentelefon für vereinsamte und isolierte ältere Menschen. Schon vor der Corona-Krise war der Bedarf groß, nun ist er noch einmal deutlich gestiegen. Im Interview formuliert Elke Schilling die Hoffnung, dass sich durch die Krise auch einiges zum Guten ändert: Die Gesellschaft erkennt wieder, wie wichtig Kontakte sind, zudem wird endlich über das Thema Einsamkeit im Alter diskutiert. Was sie sich wünscht? Eine bessere Lobby für die ältere Generation – und die Kanzlerin als Verbündete.

Frau Schilling, erkennen Sie bei Ihrem Sorgentelefon einen Corona-Effekt?

Ja, ganz massiv. Mit Beginn des Lockdowns hatten wir viele ältere Menschen am Telefon, die vorher nie daran gedacht hätten, bei Silbernetz anzurufen. Weil sie aktiv gewesen waren, ihre Kontakte gepflegt und sich zu Hause eben nicht isoliert gefühlt haben. Das änderte sich dann auf einen Schlag.

Wie beurteilen Sie die Situation der älteren Menschen, die in Senioren- und Pflegeheimen leben?

Diese Menschen haben auch schon vor Corona häufig bei uns angerufen, weil sie sich in ihren Einrichtungen unverbunden und einsam gefühlt haben. In einem Seniorenheim zu leben, basiert selten auf einer freiwilligen Entscheidung. Hinzu kommt der vorherrschende Zeitmangel der Pflegekräfte, was dazu führt, dass das gegenseitige Kennenlernen nicht wirklich moderiert wird. Dabei wäre das absolut notwendig. So aber erfahren die Menschen dort die Fremdheit. Und wenn man sich fremd in einer Gruppe fühlt, dann ist man verdammt einsam. In der Zeit, als ich selbst noch Besuche in Altenheimen unternommen habe, hat es mich erschüttert, wie kontaktlos und isoliert die Menschen beim Essen nebeneinander am selben Tisch saßen. Ich dachte, da muss sich doch jetzt jemand dazusetzen und versuchen, ein Gespräch mit allen in Gang zu setzen. Aber dafür fehlt in der Regel schlichtweg die Zeit.

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