Dr. Norbert Häring

Dr. Norbert Häring

„Ich kämpfe für das Bargeld, weil es sich schwer kontrollieren lässt.“

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  • Felix Schmitt
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Zur Person

17. Oktober 2019, Frankfurt am Main. Inmitten der Banken-Metropole sitzt einer ihrer größten Kritiker. Dr. Norbert Häring empfängt im gläsernen Büro bei seinem Arbeitgebers, der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“. Seine Stimme ist zart und sein Auftreten bescheiden, aber seine Beobachtungen sind fesselnd, seine Forderungen aufständisch. Häring warnt vor der Zurückdrängung des Bargeldes und einer totalitären Agenda von Banken, Geheimdiensten und Konzernen, die von Tag zu Tag realer wird.

Herr Dr. Häring, was fühlen Sie, wenn Sie einen Geldschein oder eine Münze in der Hand halten?

Nicht viel. (lacht) Ich habe kein erotisches Verhältnis zum Geld. Es ist eher ein intellektuelles Verhältnis. Seit 30 Jahren beschäftige ich mich beruflich damit, aber im Privaten denke ich nicht jeden Tag über mein Geld nach. Es ermöglicht mir ein ziemlich sorgenfreies und bequemes Leben. Mehr nicht. Ich bin geprägt von den bescheidenen, ländlichen Verhältnissen, in denen ich aufgewachsen bin. Ich habe gelernt, mit dem zufrieden zu sein, was ich habe.

Wir leben in einer kapitalistischen Gesellschaft, die von der Macht und Magie des Geldes durchdrungen ist. Geld – was ist das eigentlich?

Geld ist das, worin sich Produktions- und Machtverhältnisse destillieren. Es sind letztlich Einträge in einem Buch, in dem steht, wer was zu bekommen hat. Ich habe erst spät in meiner Auseinandersetzung mit dem Thema verstanden, welch enorme Macht daraus folgt, diese Bücher führen zu dürfen und manipulieren zu können. Beim Bargeld, das an Bedeutung verliert, ist das etwas anders. Da steckt der Wert in dem Schein, der als Geld einen Anspruch verkörpert. Das meiste Geld aber liegt auf Bankkonten. Die Buchführung ist Sache der Bank. Sie weiß zu jeder Zeit, wer wie viel Geld hat und bekommt und wofür er es ausgibt. Wenn ich zum Beispiel einen Kredit über 100.000 Euro aufnehme, dann können die Banken es einfach in ihr Buch schreiben, dass ich nun 100.000 Euro Guthaben besitze – und zwar, ohne dass sich die Banken dieses Geld vorher woanders herholen müssen. Sie erschaffen diese 100.000 Euro einfach mit ein paar Tastenanschlägen. Das ist ein wichtiger Grund dafür, dass die Finanzbranche und insbesondere das Bankwesen so mächtig sind.

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